Far Cry 5: Concept art (Bild: Ubisoft)

 

Games-Berichte nennt man gerne „angespielt“. Diese eher Kolumnen-artigen Berichte von mir müsste ich korrekterweise „angespielt und durchgestolpert“ nennen. Ich erwähne das verschiedentlich und tue es gerne wieder: meine Begeisterung für das Medium Spiel ist weit größer, als mein Können. Ich würde gerne was anderes behaupten, aber das müsste ich ja vielleicht mal belegen. Also lasse ich das lieber.

Aber zurück zum Thema! Far Cry 5 ist draußen und ich habe mich in Hope County, Montana, schon ein bisschen umgesehen. Der 5. Teil der Reihe beschäftigt sich mit dem Oberthema religiöser Fanatismus und wir haben hier wieder einen echten Drecksack als Antagonisten. Joseph Seed hat äußerlich durchaus Hipster-Potential, ist aber kein Startup-Gründer aus Berlin. Stattdessen führt er eine fanatische Doomsday-Sekte an. Eigentlich rechnete ich damit, bereits in den ersten 30 Sekunden das Zeitliche zu segnen (hihihi). Zumindest hatte ich bei dem ein oder anderen Vorgänger dieses Erlebnis. Far Cry Primal mal ausgenommen, aber das gehört ja nur sehr lose zu der Reihe, weil es einiges anders macht. Das war so eine Art Vor- und Frühgeschichte-Sandkasten. Auf einen einzelnen Fiesling, wie sonst, traf man da nicht.

Los geht’s mit einer längeren Intro-Sequenz, in die ich verschiedentlich kurz eingreifen darf. Ich bin Teil einer Art mobilen Einsatzkommandos, mit dem Auftrag, Joseph Seed zu verhaften. Mit dem Heli rein, Seed schnappen und zack, wieder raus. Natürlich klappt das nicht und endet mit meiner dramatischen Flucht. Mein Sprint ist allerdings erst mal nur deswegen dramatisch, weil Rennen mal wieder diese furchtbare L3-Controller-Belegung hat. In der Hektik überlege ich ja schon oft, ob L1 jetzt oben oder unten ist und, naja. Ich schlendere zunächst mal entspannt los, statt weisungsgemäß zu rennen. Aber erstaunlicherweise schaffe ich es, nicht gleich das erste Gameover zu erleben.

Far Cry 5 (Ubisoft) Allein auf weiter Flur.

Ich bin jetzt also alleine in Joseph Seeds ganz schön großer Enklave. Der hat das natürlich alles geplant und die in diesem Landstrich lebenden Menschen, die ihm nicht freiwillig folgen, einfach zwangs-gerettet. Also, vor dem Doomsday, der seiner Meinung nach kurz bevorsteht. Die von Joseph Seed und seiner Sippe unterdrückten Schäfchen muss ich wiederum gewinnen, bzw. befreien, wenn ich hier überleben will. Aber der Reihe nach. Nach meiner ersten Flucht zu Fuß treffe ich wieder auf einen meiner Kameraden, der sich in einem Trailer verschanzt hat. Zusammen gelingt uns der Ausbruch mit einem Pickup, bei der ich als Beifahrer aus dem Fenster hängend, versuche, auch mal was zu treffen. Ausgerechnet an dieser Stelle haben die Game-Designer beschlossen, mich mit dem Waffenmenü vertraut zu machen: Unter folgendem Button findest du das Waffenrad und mit Taste soundso wirfst du das Dynamit, was du jetzt gleich hinten vom Pickup greifst. Bei voller Fahrt, unter vollem Beschuss. Hallo?! Aus Versehen sterbe ich trotzdem nicht und schaffe zum zweiten Mal die Flucht. Jetzt treffe ich auf einen Widerständler, der mich mit Karte und Waffe ausstattet.

Drei Handlanger und ein Todesfall

In der Nähe gibt es ein Prepper-Versteck und da könne ich mich mal mit ein paar notwendigen Dingen versorgen, weist mich mein Retter ein. Auf dem Weg dahin befreie ich noch fix ein Nicht-Sektenmitglied, der auch nicht so dringlich vor dem Doomsday gerettet werden wollte. Am Versteck angekommen muss ich klassisch Rätsel lösen: Wo ist der Schlüssel zum Versteck, wie schalte ich die Pumpe an, um den abgesoffenen Keller leerzupumpen, etc pp. Das macht Spaß und läuft fluffig. Bis ich den ersten strategischen Fehler mache, weil ich nicht so viele Waffen mitschleppen kann. Ich entscheide mich statt dem Schnellfeuer-Dings für die Armbrust, weil Daryl aus The Walking Dead damit doch Hervorragendes leistet. Das rächt sich, als ich das erste Mal auf mehrere Gegner stoße, deren Feuerkraft meiner solide überlegen ist. Von weiter weg richte ich nichts aus, aus der Nähe taugt das auch nicht und anschleichen, ach Gott. Ich vermisse eine KI wie bei Max Payne: Eine, die merkt, oha, eine Bekloppte! Da passen wir uns mal an. Und dann kommt man auch mit Huha-Gebrüll und Luftschüssen durch. Hach. Aber nein! Ich muss die Zähne zusammenbeißen und mir eine Strategie überlegen. Beten hilft nicht. Hihihi. Entschuldigt, weiter im Text.

Joseph Seed, der Sektenführer. Den seht ihr nach jedem Gameover im Ladebildschirm.

 

Sammeln Sie Punkte?!

Während der allerliebste Spieler von allen gepflegt Azeroth ausraubt und kopfschüttelnd etwas von „Shooter an der Konsole, pfft“ murmelt, habe ich einen persönlichen Doomsday nach dem anderen. Fluchend beschließe ich zurück zu latschen und einfach die andere Wumme zu holen. Die aber nicht mehr da ist! Es hilft nix: ich muss mit Revolver, Armbrust oder Klappspaten verhandeln. Zähneknirschend robbe ich durchs Gras und schaffe es schlussendlich, die drei (3!) Handlanger des Teufels per Armbrust zu erwischen. Nun muss ich nur noch den Sektenschrein zerstören, weil das der eigentliche Auftrag ist und außerdem sammle ich Punkte. Es gibt nämlich ein Payback-System. Das heißt Widerstandspunkte und vielleicht kriege ich dafür irgendwann den goldenen Klappspaten, wer weiß! Aber zurück zu meinen länglichen Ausführungen zu dieser Mission.

Fernblick vom Funkturm (Screenshot Far Cry 5, PS4)

Wie zerstöre ich einen Sektenschrein? Ich habe den Sektenmitgliedern natürlich ihre vollautomatischen Wummen abgenommen, also schieße ich einfach mal drauf. In dem Schrein steht eine große Gasflasche – warum, ist ja auch egal. Pffffff. Gut, getroffen habe ich. Und jetzt? Versuchsweise noch eine Salve. Mit durchschlagendem Erfolg, der leider auch mich erwischt. Widerstandspunkte, my ass! Das ist ganz schön dumm, aber egal. Ich muss ja nur vom letzten Checkpoint zurück und den Schrein zu Kleinholz machen. Überraschung! Die drei Sekten-Dödel sind wieder quicklebendig und das, obwohl ich noch ihre Waffen habe! Also gut, ich habe ja Übung. Diesmal geht alles glatt und ich schaffe es auch, nicht wieder mit in die Luft zu fliegen. Zwar mit Kratzern, aber auch ein schmutziger Sieg ist einer! In der Folge rette ich Geiseln, sammle Verbündete und sorge für eine Funkverbindung des Widerstands. Jetzt steht mir die Welt von Hope County endgültig weit offen und ich kann aus einer Fülle von Aufträgen schöpfen. 

Und jetzt? Some kind of Fazit

Was ich hier etwas ausführlicher beschreiben habe, ist der Einstieg ins Spiel. Und der erste Eindruck ist ja meist der entscheidende. Ihr spielt übrigens erstmals in einem Far Cry-Spiel euch selbst, als Frau oder Mann. Im Spiel trefft ihr immer wieder interessante Charaktere, die Welt wirkt lebendig und bunt. Gelegentlich finde ich allerdings mal die Dialoge eher schwach. Ich habe keinen Vergleich zum englischen Original, aber oft machen Kleinigkeiten in der Übersetzung einen großen Unterschied. Manches wirkt im deutschen Dialog arg gestelzt und zum Beispiel so was wie die anfängliche Funkkommunikation zwischen der Leitstelle und Einsatzkräften. Und warum ein gesamtes Einsatzkommando einfach verschwinden kann und der (bzw. die) einzige davongekommene beschließt, mal eben den Widerstand zu organisieren, das fragt man lieber auch nicht.

Kleine Korrektur: Sicher, die ultrareligiöse Gruppe kann staatliche Stellen unterwandert haben – diesen Schluss soll man hier wohl ziehen. Das ist aber zumindest an dieser Stelle ein bisschen husch-husch inszeniert.

Mal sind die Gegner übrigens recht hart zu bekämpfen, dann wieder frage ich mich, wie doof können die noch sein? Gut, für mich gerne ein bisschen doof, ich bin da ja nicht so. Ganz ausbalanciert wirkt das jedenfalls nicht immer.

Den Co-Op-Modus habe ich noch nicht ausprobiert. Man soll die komplette Kampagne im Zwei-Spieler-Modus bestreiten können. Das klingt hübsch, funktioniert aber leider nicht in der Form, dass jemand auf der Couch neben euch mit dem zweiten Controller helfen könnte. Helfen können nur Spieler auf der jeweiligen Plattform – per Online-Feature (kein Split Screen). Der aktive Spieler lädt einen Freund in sein Hauptspiel ein. Der bekommt dann diverse Benefits,  behält aber den eigenen Kampagnen/Story-Fortschritt bei. Also nur der Hauptspieler kommt im Spielfortschritt weiter, der helfende Spieler kann aber seine Erfahrung oder gesammelte Punkte/Geld/Ausrüstung dann in sein eigenes Hauptspiel rüberholen. Das ist auch gut, aber so nahtlos wie bei Diablo wäre mir noch lieber.

Grundsätzlich mag ich die Herangehensweise von Ubisoft, sich jeweils für ein Thema zu entscheiden, das mehr als eine Kulisse ist. Das man ins Herz des weißen Amerika wollte, war im Far Cry-Team offenbar auch schon länger Thema, wie Creative Director Dan Hay hier erzählt. Und auch charismatische Persönlichkeiten hatten die Far Cry-Spiele immer. Da passt auch ein religiöser Führer in die Reihe, denn ob nun Politiker oder Gangster, die Eigenschaften sind durchaus ähnliche. Wenn man sieht, wie das aktuelle Amerika wieder „great“ gemacht werden soll, ist das Thema jedenfalls hochaktuell. Viel mehr macht das Spiel zwar offenbar nicht daraus, aber auch Leerstellen können ja durchaus für sich sprechen. Dass das Regime des Sektenführers Joseph Seed menschenverachtend ist, dürfte klar sein. Als Spieler habe ich natürlich vergleichsweise wenige Antworten darauf – jedenfalls keine politischen. Aber durchaus die Wahl, wie ich vorgehen will.

Noch ein kleiner Zusatz, den ich nach Veröffentlichung hier noch nachreiche: Schon bei Bekanntwerden des Settings bekam die amerikanische Alt-Right-Fraktion Schnappatmung, weil da ja „Christen“ das Ziel seien. Als ob es dabei um ein paar freundliche Missionare ginge. Vorbilder für eine solche Sekte dürfte es genug geben, nicht zuletzt die Branch Davidians, die ihr sicher noch mit der Belagerung von Waco in Verbindung bringt. Aber wie gesagt: Wirklich politisch wird Far Cry 5 dann eben doch nicht. Muss es auch nicht, aber vielleicht wäre das auch ganz spannend gewesen.

 

 

Gott hat einen harten linken Haken
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3 Kommentare zu „Gott hat einen harten linken Haken

  • Mai 15, 2018 um 9:38 pm Uhr
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    Habe alle Farcry Teile durchgespielt, denn werde ich mir auch gönnen die Grafik ist atemberaubend und ich freue mich schon sehr darauf es anzuspielen

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  • Mai 25, 2018 um 3:50 am Uhr
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    Habe jeden Far Cry Titel durchgespielt, aber so langsam finde ich das Prinzip doch etwas ermüdent. Mir fehlen die Innovationen 🙁 Hast du den neuen Teil schon komplett durchgespielt?

    -Markus

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    • Mai 25, 2018 um 11:44 am Uhr
      Permalink

      Nein, ehrlich gesagt nicht. Es könnte etwas langatmig werden, fürchte ich.

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