Erfolgsgeschichten

Liebes Tagebuch,

ich weiß, ich habe sehr lange nicht geschrieben, aber nun! Der Tagebucheintrag Nr. 87 ist offenbar schon zwei Jahre her, nicht zu fassen. Wie jeder weiß, der hier seit dem Urknall, also der allerersten World of Warcraft-Beta 2004, mitgelesen hat, weiß: Mein Rollenspieler-Leben ist eines mit Höhen und Tiefen. Und letzteres kann durchaus ein Erfolg sein! Jedenfalls bis zu 65 Metern. Ich schreibe nicht mehr so oft Tagebuch, weil nicht mehr so viel Erwähnenswertes passiert. Andererseits höre ich auch nicht auf, zu spielen. Warum eigentlich? Ich könnte natürlich jederzeit… lassen wir das. Die Suchtdebatte hat ja mittlerweile so einen Bart.

Tatsächlich hänge ich einfach an meinen Charakteren. Und an dem ein oder anderen Mitspieler, der  auch immer noch in Azeroth rumhängt. Nach wie vor hat WoW außerdem eine der schönsten Welten aller Online-Universen. Und die Musik gehört ebenfalls noch immer zu den besten Kompositionen. Aber vieles ist nicht mehr, wie zu Anfang. Das ist in Ordnung, denn wir hatten ja nichts, damals. Beispielsweise musste man für eine Gruppe von 5 Spielern, die für einen soliden Raubzug nun mal nötig sind, ordentlich trommeln. Nix Matchmaking per Klick auf „Gruppe finden“. Da stellte man sich noch auf Marktplätze und warb mit warmen Worten Schläger Damage Dealer und Sanitäter Heiler an. Das konnte dauern. Und dann hieß es: Anreisen bitte! Und DAS war erst eine Aktion. Mitspieler, die mich kannten, lieferten diskret flüsternd eine ausführliche Wegbeschreibung. Da war nämlich früher nix mit einfach klicken und schwups, wurden einem die Trash-Mobs auf dem Silbertablett serviert. Ganz davon abgesehen, dass man jemanden dabei haben musste, die die Familiengeschichte der Endbosse gut kannte. Will sagen, der alle wunden Punkte und Gemeinheiten der Gegner studiert hatte, damit die Gruppe eine reelle Überlebenschance hatte. Das ist heute ein bisschen flexibler.

Die Gruppensuche ist kein Thema mehr, aber noch immer suche ich häufig Dinge,Wesen, Sachen und Orte. Wenn Kartenabschnitte noch nicht aufgedeckt sind oder steile Bergrücken den Weg versperren heißt es auch heute noch: Latschen.

Denn Fliegen ist in den allerneuesten Welten (bei mir) noch nicht drin. Teilweise bin ich davon so genervt, dass ich halt einfach zum gewünschten Ort hin sterbe. Irgendwohin sterben im Sinne von irgendwohin hin laufen ist übrigens eine neue sprachliche Wendung, die ich hiermit für mich reklamiere. Aber zurück zum Thema. Unglücklich, wenn man beim wohin sterben so aufschlägt, dass das Wiederbeleben zu einem artistischen Akt wird.

Ich sterbe aber manchmal auch, weil ich nicht aufpasse und den Level 110 Elite-Riesen glatt übersehe. Mehrfach. Aber nun, gestorben wird in WoW ganz sicher immer. Was sich allerdings sehr stark zum Negativen verändert hat, ist die Verbindlichkeit im Spiel. Matchmaking, Rauswurf-Möglichkeiten und Blitz-Überfälle auf Dungeons statt 4Stunden-Raids haben dazu geführt, dass Spieler*innen noch nicht mal mehr Hallo sagen – geschweige denn Tschüss! Ich versuche es trotzdem immer wieder.

Mein Spieltempo war noch nie gigantisch und ich eile nach wie vor mit Weile. Meine Magierin Nusspli ist immerhin auf Maximal-Level 110 angekommen. Derzeit wandere ich in der vollschlanken Gestalt meiner Pandarin Muffel durch Azeroth. Ich mag einfach gerne Nahkämpfer, auch wenn ich durch WoW endlich begriffen habe, dass auch Fernkämpfer viel Schönes haben. Aber es geht einfach nichts über das gute alte auf-sie-mit-Gebrüll. Und das macht so ein Mönch trotz seiner Speckigkeit erstaunlich leichtfüßig. Ich sterbe auch leichtfüßig, aber egal.

Meine Kriegerin war eigentlich immer mein Lieblingscharakter, aber Blizzard hat sich derart viel Mühe gegeben, diese Klasse unspielbar zu machen, dass ich es inzwischen mehr oder weniger aufgegeben habe. Zum leveln musste man immer in Offensiv-Ausrüstung losziehen, was ohne One-Click-Klamottenwechsel-Addon schlimmer war, als Romy Schneider ins Sissi-Kostüm zu stecken. Jedenfalls stelle ich mir letzteres auch recht langwierig vor. In Raids ist man aber eben vorrangig als schnöder Panzer in der ersten Reihe gefragt, sprich: In Defensiv-Outfit. Es war alles fürchterlich und ich habe nicht mehr verfolgt, ob es sich womöglich geändert hat. Wenn ja, sagt mir Bescheid.

Ich denke jedenfalls, ich spiele noch eine ganze Weile weiter. Womöglich erobere ich doch noch die Weltherrschaft und dann gibt’s freie Wahlen und Krankenversicherung für alle. Auch für Orks. Falls jemand die AfD = Alternative für Dämonen gründet, kriegt er allerdings aufs Blech. Und alles, was Plüschohren hat, darf nicht angefasst werden. Auch Einhörner sind sowas von außen vor, aber versteht sich sicher von selbst. Das wird toll. Ich könnte natürlich jederzeit aufhören, aber… lassen wir das. Bis bald!

WoW-Tagebuch, Teil 88: Erfolgsgeschichten
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2 Kommentare zu „WoW-Tagebuch, Teil 88: Erfolgsgeschichten

  • September 6, 2017 um 11:16 am Uhr
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    Toller Artikel! Humorvoll geschrieben und du sprichst mir aus der Seele 😀 Aber ich muss auch sagen, obwohl mich viele Dinge echt stören, werde ich weiterspielen und mich gerne darüber aufregen. Schön zu hören, dass man damit aber nicht alleine ist 😉

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    • September 6, 2017 um 12:31 pm Uhr
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      Ja, ich spiele auch weiter und zur Zeit auch durchaus wieder ehr viel mehr. Es ist und bleibt ein gutes Spiel, es macht noch immer Spaß und man kann ja versuchen, selbst ein bisschen was beizusteuern. Und wenn’s nur ist, in Gruppen auf Wiedersehen zu sagen 😉

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