Eine neue Runde in Sachen 52 Games-Projekt. Ich hab‘ natürlich bei dem Thema „Kälte“ sofort an Snowboardspiele gedacht. Ich hab nahezu alle gespielt und eines heiß und innig geliebt. Aber zum einen hat das schon jemand gemacht, zum anderen kann man das Thema Kälte vielleicht auch mal etwas assoziativer angehen. Es passt ganz gut, dass ich gerade ein Spiel GEGEN Kälte für Pixelmacher vorgestellt habe. Genau genommen war das ganze ein kleines Portrait eines Spiele-Kollektiv, deren Spiele eigentlich alle etwas besonderes sind. Es gibt wenig Spiele, denen ich sofort anmerke, dahinter steckt eine Passion, eine glasklare Intention. Spiele, die auf eine unaufdringliche Art sehr persönlich sind.

Ich kenne Nils Deneken und Bernhard Schulenburg schon von zwei GDC-Besuchen, wo die Gute Fabrik bereits mehrfach mit Spielen für einen IGF-Award nominiert waren. Neben Nils und Bernie gehören zum Kollektiv noch eine handvoll weitere Menschen, in Dänemark, Deutschland und den USA. Persönliche Spiele mit Herz wollen sie machen.

Die Gute Fabrik ist ein ungewöhnlicher Name. Die Erklärung dazu von Nils: Ich hab mir halt vorgestellt, an welchem Ort ich gerne arbeiten würde und diese Art von Spielen sollte vielleicht auch einen anderen Fokus haben, als das, was generell mit Spielen verbunden wird. Und deshalb habe ich diesen virtuellen Ort geschaffen, der sozusagen unseren Arbeitsplatz darstellt.

Die „guten Fabrikarbeiter“ sind inspiriert von den pixeligen Adventures ihrer Jugend – übertragen dieses klassische Gameplay auf das Heute, hauchen ihm neues Leben ein und verpassen dem Ganzen ihren eigenen Stil. Handgemacht, alle Sinne ansprechend, persönlich. Das klingt pathetisch, trifft aber zu. Fast alle Spiele strahlen genau das aus.

Where is my Heart? Trailer from Bernie Schulenburg on Vimeo.

Where is my heart?“ ist ein anspruchsvolles Puzzle, unterhaltsam, aber auch nachdenklich und schwermütig. Eine dreiköpfige Familien kleiner Monster verirrt sich im Wald. Jedes hat besondere Fähigkeiten, nur im Team kommen sie weiter. Man muss die drei Kerlchen regelmäßig übereinander stapeln.
Die Welt ist völlig ver-rückt, in einzelne Frames zerlegt, die sich rotieren lassen. Dabei muss man ziemlich um die Ecke denken, im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Stapeln der Monster zählt oft noch die richtige Reihenfolge, denn das jeweils oben stehende Monster kann dann seine Spezialfähigkeiten einsetzen. Eines kann beispielsweise fiegen: Man muss es flatternd in der Luft halten und dann die Bildausschnitte richtig rotieren. Das klingt unendlich kompliziert, doch Where is my heart ist ein ruhiges, entspanntes Spiel, das Zeit zum Nachdenken lässt. Die Pixelgrafik ist eine Hommage an alte Klassiker, auch die Jump’n Run-Elemente kennt man daher. Es gibt aber Unterschiede:

Nils: Die Unterschiede sind eher in der Schnelligkeit des Spiels. Während in den alten Mario- und Zelda-Spielen die ganze Zeit ein Soundtrack läuft, der einen die ganze Zeit bedudelt, haben wir den Sound ein bisschen mehr zurück genommen und ab und zu wird man halt mit einer Melodie belohnt… das ganze ist eher langsamer gehalten, um den Spieler nicht zu sehr zu nerven und Zeit zu geben, die Rätsel zu lösen.

Bernie: Und wenn man verloren ist, dann weiß man ja nicht, wie man zum Ziel kommt. Daher habe ich das Spielfeld in ganz viele kleine Areale aufgeteilt, die durchmischt und so für Verwirrung gesorgt.

Sich im Wald verlaufen ist ein typischer Kinder-Alptraum. Bernie hat ihn erlebt und daraus die Spiel-Idee gezogen.
Es gibt interessanterweise eine ganze Menge Indie-Spiele, die ebenfalls biografische Erlebnisse verarbeiten… „Braid„, ebenfalls ein Puzzle-Plattformer. Die Hauptfigur Tim versucht, einen Fehler wieder gut zu machen…
Oder „To The Moon„, wo es darum geht, eine zweite Chance zu nutzen.

Nils: Es kann gut sein, dass in vielen Indie-Spielen mehr persönliche Erlebnisse einfließen, weil die Teams kleiner sind und die einzelnen Stimmen mehr Gewicht haben.

Bernie: Im Moment, würde ich sagen, ist das ein Merkmal von Indie Games… weil große AAA-Hersteller können leider nicht das Risiko eingehen, solche Spiele zu machen, weil das einfach zu riskant ist.

Nichts gegen Blockbuster. Ich freue mich auch wie Hulle auf manche Fortsetzung einer großen Serie. Trotzdem finde ich es faszinierend, dass sich viele Spieler scheinbar vor allem über Blockbuster definieren. Das wäre so, als würden sich Musikfans vor allem über die komplette Discographie von David Guetta auf der Festplatte als „Experten“ sehen. Oder Film-Liebhaber über die Mission Impossible-Filme. Sowohl bei Musik und Film zählt aber natürlich weit mehr. Mal ein kleines Film-Festival besuchen, eine Indie-Band entdecken, die noch NIEMAND kennt. Wer sich wirklich mit Herzblut für ein Medium interessiert, blickt auch mal über den Tellerrand.
Ein Call of Duty kostet mehr Geld, als ein Indie Game, spielt aber eben auch viel ein. Das hat seine Berechtigung. Trotzdem wäre es schön, wenn sich mehr Spieler gelegentlich auch für Nicht-Mainstream begeistern könnten. Und wenn Publisher neben Millionen-Budgets für Blockbuster auch mal kleine Studios mit Geld zuwerfen würden. Dann gäbe es vielleicht noch mehr solcher ein charmanten Spiele. Where is my heart gibt es übrigens für PS3 und PSP im Playstation Store. Und demnächst auch für Mac und PC. Wollte nur, dass ihr das wisst.

Und das Film-Portrait in Pixelmacher könnt ihr hier angucken.

Etwas gegen die Kälte
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7 Kommentare zu „Etwas gegen die Kälte

  • Februar 12, 2012 um 11:52 pm Uhr
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    Oh, da hab ich neulich schon von gelesen. Das Spiel klingt ganz toll. Weißt Du, wann es für PC kommen soll?

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    • Februar 13, 2012 um 9:56 pm Uhr
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      Ich glaube, es gibt noch keinen Termin. Dürfte aber nicht allzu lange dauern. Ich frag‘ mal nach 🙂

  • Februar 13, 2012 um 12:59 am Uhr
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    Wenn du alle Snowboard Games gespielt hast, könntest du mir vielleicht einen Tipp geben was sich auf der Xbox360 lohnt und welches du heiß und innig geliebt hast. 😉

    Über „Where Is My Heart?“ stolpere ich in letzter Zeit öfter. Überlege immer ob ich die PS3 malwieder anwerfen und zuschlagen soll oder doch auf die PC Version warte.

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    • Februar 13, 2012 um 9:55 pm Uhr
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      Mein Tipp wäre Amped 3: Die ersten beiden Teile waren extrem simulationslastig, aber der dritte Teil ist ganz anders. Sehr schräg, witzige Challenges, gute Musik, ganz eigener Grafik-Stil, saucoole Zwischensequenzen im Story-Mode. Manche Challenges sind zum Finger brechen, aber ingesamt sind die meisten schaffbar. Ich fands super.

  • Pingback:[52 Games] Thema 03: Natur » 52 Games » Zockwork Orange

  • Februar 14, 2012 um 2:08 am Uhr
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    Ich glaube Amped 3 werde ich mir mal besorgen, klingt gut. War das nicht sogar ein Launch Titel damals? Oder zumindest nah am Launch?

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  • März 7, 2012 um 12:25 am Uhr
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    Ende 2005 kam das raus. Ich spiels immer noch gerne gelegentlich.

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