Tja. War ganz schön viel los in Sachen Social Media die letzten Tage. Und letzte Woche. Und überhaupt! Ich habe lange keinen Eintrag mehr in der Kategorie Digitales Leben verfasst, aber inzwischen hat sich auch bei meinen eigenen Sozial-Präsenzen viel verändert.

Es sind schon viele schlaue Sachen zu Zuckerbergs unglaublich würde- und rückgratlosen Ranwanzen an die kommende US-Regierung gesagt bzw. geschrieben worden. Zum Beispiel von Netzpolitik oder Gavin.

Ich möchte aber einfach mal noch ein paar lose Gedanken zur Lage loswerden. Wenn ich hier einen Artikel schreibe, fragt mich der Editor immer noch am Ende, ob ich gleich auch den Link zum Artikel bei Twitter posten möchte. Hihi. Dazu habe ich zuletzt übrigens mit Gavin Karlmeier gepodcastet – hier.

Ausgezwitschert

Auf Twitter, bzw. X poste ich schon lange nichts mehr, und mein Profil dort ist gelöscht. Ich bin inzwischen (ungefähr) ein Jahr im Fediverse aktiv, auf Mastodon und seit ganz kurzem auch auf Pixelfed. Auf Mastodon bin ich einigermaßen heimisch geworden. Das ist nicht genau „wie Twitter früher“, aber es ähnelt dem ganzen schon hie und da. Es ist schon deutlich ruhiger, dort ist nicht gefühlt die ganze Medienblase aktiv. Aber so langsam schält sich eine Community heraus und gerade, wenn man eine konkrete Frage hat, bekommt man relativ schnell Antworten. Zum Beispiel nach Tipps zur Instagram-Alternative Pixelfed. Das ist im Vergleich zu Mastodon noch ein sehr zartes Pflänzchen, aber inzwischen ist mir das egal. Vielleicht wird es mal aktiver, größer, stärker, vielleicht nicht. Ich glaube inzwischen – ohne da die einzige zu sein – dass es eher keine großen marktbeherrschenden Netzwerke mehr geben wird, die lange Zeit alles beherrschen. Selbst TikTok ist imho mehr Hype, als alles andere. Klar, wenn man Teenager ist, mag sich das anders anfühlen, aber ich denke schon, dass die Halbwertzeiten der Social Networks kürzer geworden sind.

Viel eher scheint mir, dass es immer wieder neue, kleine Netzwerke geben wird, die irgendein Bedürfnis erfüllen, interessant scheinen, ein Momentum haben. Looking at you, BeReal. Bei BeReal wurde man aufgefordert, täglich (irgendwann) ein Bild zu posten, jetzt sofort, so wie man halt gerade aussah und wo man gerad war. Nur wenn man selbst postet, kann man die Bilder der anderen sehen. Das war irgendwie authentisch, ein Gegenentwurf zu TikTok und Insta. Und dann … naja. BeReal hatte zuletzt immerhin gut 40 Millionen Nutzer*innen – nicht wenig, meine ich – und verdiente trotzdem nicht genug Geld. Es ist dann an ein französisches Unternehmen verkauft worden. Zukunft einigermaßen ungewiss. Darüber hat The Verge hier geschrieben. Bei Bluesky ist derzeit einiges los, jedenfalls ist es in aller Munde. Da bin ich übrigens auch. Das ist inzwischen etwas größer als Mastodon, aber ich bin trotzdem skeptisch. Es ist einmal mehr gefundet mit Venture Capital, die künftige Finanzierung ist offen und am Ende reißt das doch wieder irgendein Lauch mit dem Allerwertesten ein. Dazu mehr bei Heise.

Masto-was?!

Zurück zum Fediverse. Was ist das eigentlich? Ich muss solche Dinge (und deren Relevanz) sehr oft in Runden erklären, wo ich nicht viel Zeit bekomme und wo nicht viel Vorwissen herrscht. Oft ist dort das Maß aller Dinge immer noch das Facebook von 2012 und „harte Zahlen“ wie Reichweite und Follower*innen. Das Fediverse ist ein Netzwerk unabhängiger sozialer Netzwerke, Microbloggingdienste oder allgemein Webseiten für Online-Publikationen. Verglichen wird das oft mit Freemail-Providern, wo man sich ja z.B. bei GMX anmelden und Menschen bei Web.de eine Mail schreiben kann. Man muss nur die richtige Adresse haben. Ich bin mit meinem Mastodon-Profil auf hessen.social angemeldet, aber es ist wurscht, auf welchem Server ihr euch registriert: Ihr könnt mir trotzdem folgen und mit mir kommunizieren. Es ist natürlich etwas komplizierter, als einfach auf Twitter.com zu surfen und sich zu registrieren. Aber auch keine Raketenwissenschaft. Ihr könnt hier in die Liste der Server schauen und zum Beispiel danach entscheiden, ob der in Deutschland steht oder welche Moderationsregeln angegeben werden. Menschen, die lange World of Warcraft spielen, dürften das Prinzip übrigens kennen.

Wenn ich anderen Menschen von Mastodon erzähle, höre ich oft: Aber, da ist ja keine*r! Oder: Also unsere Praktikantin hat davon noch nie gehört! Na ja, bei Twitter war sie vermutlich auch nicht und trotzdem gestehen wir dessen Nachfolgedienst X noch immer viel zu viel Relevanz zu. Warum es so schwer ist, soziale Netzwerke aufzugeben, darüber hat ebenfalls Netzplitik.org hier lesenswert geschrieben. X ist inzwischen zu einer einzigen Kloake verkommen, aber es profitiert noch immer davon, dass es mal mehrere hundert Millionen Nutzende weltweit hatte. Nirgendwo konnte man so schnell sehen, wenn irgendwo auf der Welt etwas los war. Promis und große Unternehmen führten dort Dialoge auf Augenhöhe – nicht immer, aber oft. Man bekam meist schneller Rückmeldung auf Twitter, als man in der Warteschleife einer Telefonhotline durchkam. Und auch, wenn das schon lange nicht mehr so ist, klebt das Twitterlogo noch auf unzähligen Webseiten im Footer oder im Teilen-Button bei Newsartikeln.

Insta-Schminsta

Instagram war im Vergleich zu Facebook noch länger ein angenehmer Ort. Selbst, als es schon zu Meta gehörte. Die Debatten waren weniger hässlich, die Bilder schöner, die Sichtbarkeit dank Stories größer. Ich habe das Netzwerk lange verteidigt und hielt mich bis vor kurzem auch noch viel zu viel darin auf. Mein Popkulturfunk ist dort auch zu finden. Es ist ein kleines Profil, das auch nicht allzu sehr wächst. Das liegt daran, dass ich praktisch alles unterlaufe, was den Auftritt erfolgreicher machen würde: Ich bewerbe keine Posts mit Geld, ich habe kein Abo (ergo keinen Haken), ich poste nicht täglich. Und die Liste, was man für einen wirklich erfolgreichen Auftritt (im Sinne von groß und aktiv) tun müsste, ist noch länger. Ich habe genug berufliche Expertise, um das zu wissen. Ich bin da aber auch einigermaßen desillusioniert. Man rennt einem intransparenten Algorithmus hinterher, orientiert sich an Ratschlägen von Insta-Chef Adam Mosseri und 6 Monate später macht der Dienst eine Rolle rückwärts. Nee, keine Politik hier, ach doch, ist jetzt doch wichtig, los, mehr Reels, nee, kürzere Videos, und guckt bitte auf die Uhr, wann Leute bei euch aktiv sind, und und und. Die Zahlen, auf die man in den Insights schauen kann, sind auch eher undurchsichtiges Zahlenvoodoo. Zwar erklären Social Media-Marketing-Expert*innen sowas immer gerne, aber da möchte ich mir inzwischen auch nur noch die Ohren zuhalten. Niemand weiß, wie da eigentlich genau gezählt wird und jedes Netzwerk nennt andere Kennzahlen. Damit kann ich Leuten alles schön und alles schlecht reden und mich selbst völlig verwirren.

Und jetzt?!

Ich weiß nur: Einzig auf den großen, bekannten und ultra-kommerziellen Netzwerken kann ich nicht weitermachen. Es wäre allerdings auch naiv (wenngleich konsequent), sie Knall auf Fall zu verlassen. Für mich alleine ist das aber nochmal etwas anderes. Viele Medienunternehmen oder Institutionen können sich nicht einfach eine Alternative aus den Rippen schnitzen. Wer auf Instagram ein paar Millionen Follower*innen hat, zieht nicht einfach die Reißleine. Hinter einem gut laufenden Auftritt stecken Menschen, die dort redaktionelle Arbeit reingesteckt haben, und das jahrelang. Die kreativ waren, mit viel Hirnschmalz an kleinen Formaten gefeilt und eine Community gepflegt haben. Das bedeutet auch eine emotionale Bindung, möglicherweise auch Verantwortung. Eine Institution wie die Bildungsstätte Anne Frank leistet auf Instagram (und anderswo) wichtige Arbeit.

Jetzt müssen der Digital Services Act und der Digital Markets Act der EU zeigen, was sie können. Und dass sie nicht nur „prüfen“, sondern dann auch aktiv werden. Wir selbst können aber wenigstens mal woanders reinschnuppern. Man kann auch das Eine weiter machen (guilty pleasure: Insta) und das Andere trotzdem tun, sich nämlich andere Netzwerke mal ansehen. Oder einfach die Instagram-App ersatzlos löschen und stattdessen mehr spazieren gehen. Das geht natürlich auch 🙂 Ich habe schon vor Jahren Whatsapp vom Handy geworfen und erstaunlicherweise komme ich sehr gut zurecht. Und jetzt schaue ich vielleicht einfach eine entschleunigte Doku über die wundersame Welt der Bärtierchen.

Social Media: Now what?!
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Ein Kommentar zu „Social Media: Now what?!

  • Januar 24, 2025 um 1:41 PM Uhr
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    Ich halte es für konsequent wenn man sich von dem was *Soziale Medien* heißt fernhält. Es sind doch bekanntermaßen lediglich Datensammeleinrichtungen die sich einen Dreck um Datensicherheit kümmern.
    ALLE stehen mit CIA, NSA, FBI über Internet-Zentren in USA in Verbindung und – nicht erst seit dem Gang der leitenden Köpfe & Besitzer um den Trump’schen Ring zu küssen – werden den Diensten die Daten sämtlicher ‚Kunden‘ Nutzer, entgegen aller europäischen Gesetze, zur Verfügung gestellt.
    Das System ist darauf eingerichtet Tendenzen zu Ungunsten der USA schon im Ansatz zu verfolgen um gezielt Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Das jetzt in der Hand des Schurken Trump ist brandgefährlich … spätestens wenn die ersten Reisenden (beispielsweise zum *shopping* nach NY oder 10 -Tage-Florida-Schnäppchen) eingebuchtet werden kommt die Reue. Zu spät, Nicht-Amerikaner haben dort KEINE Rechte!

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Und jetzt ihr!

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