Rund zwei Stunden habe ich gestern in einer Höhle verbracht. Zusammen mit einer Brillenschlange, einer Abenteurerin und einer wandelnden Blechdose. Ich war danach etwas erschöpft. Und, ja, ich habe zwischendurch den ein oder anderen Wutanfall gehabt. Ich habe übrigens bis zu diesem Moment kein anderes Review gelesen. Das werde ich nach diesem Blog-Post tun. Mal sehen, wie weit ich von zum Beispiel Superlevel-Autor Dennis Kogel weg liege…
Aber der Reihe nach.
Mir ist klar, das ich ein Adventure dieser Art auf keinen Fall auf einer Konsole spielen werde. Also Steam und iMac.
Zunächst mal hat man eine Riege Protagonisten zur Auswahl, wobei ich mir natürlich denken kann, dass die ein oder andere Eigenschaft sinnvoll(er) ist. Aber wer braucht eine solide überlegte Strategie? Das dauert ja alles viel zu lange. Außerdem muss ich erst mal kapieren, wie die sich das mit der Steuerung und dem hin- und herswitchen gedacht habe. Ich bin ständig ein anderer und ich will es nicht mal. Als ich dann durchblicke, wie man die Damen und Herren auswählt und wechselt, habe ich ohnehin mehr oder weniger willkürlich gewählt. Im Team nun ein Ritter, die Abenteurerin und die Wissenschaftlerin. Ich gehe davon aus, dass man jemanden in einer Rüstung vielleicht mal irgendwo vorschicken kann. Die Wissenschaftlerin wird schon irgendwas Schlaues drauf haben und die Abenteurerin muss halt mit. Und jetzt?
Rechts hängt ein Brecheisen, das nehme ich. Dahinter siehts aus, als geht es in einen Stollen, aber wildes Gewerkel an dieser Stelle hilft nicht. Ich bin schon kurz davor, gar nicht mehr weiter zu machen. Aber was werden die Leute sagen? Ich komme nicht mal in die Bude rein! Ein Blick nach links verrät: Falsche Richtung. Die aufbrechbare Barriere ist links. Nicht rechts, wo das Brecheisen hängt. Naja.
In der Vorhöhle sitzt ein gelangweilter Empfang, der sagt, die Höhle sei geschlossen. Es gibt Postkarten zu kaufen, aber die bringen mich aktuell nirgends hin. Der Mann am Tresen sagt, er würde uns reinlassen, wenn wir ihm etwas Nippes in Form dreier Souvenirs. Ich scheuche also meine Bande durch den Personaleingang, wie vorgeschlagen. In der Höhle geht es dann los mit Dingen, die ich lange nicht mehr gemacht habe. Probleme ohne Schusswaffe lösen. Es ist ein absurdes Hin- und Her-Schicken der drei stummen Figuren (die sagen nämlich höchtens mal soviel wie ich, wenn man mich zu früh weckt: Hmpf).
Im Grunde ist nie unklar, wo es weiter geht, aber natürlich wie. Logik war noch nie die Sache solcher Adventures und ohne Google und das eintippen von „Lösung“ oder „Walktrough“ kommt man nun mal nicht weit. Ich entscheide mich für einen englischsprachigen Lösungsweg, den ich aus Faulheit aber auch nur mit einem halben Auge überfliege. Das erste schwierigere Hindernis ist ein Kristallmonster, dass uns nicht vorbei lässt. Um das zu schaffen muss man Genre-bedingt wirklich von hinten durch die Brust ins Herz. Zum Einsatz kommt eine kompliziert aussehende Apparatur, ein Eimer, eine Sicherung sowie ein Grog- und ein Hotdog-Automat. Eimer holen, weiter oben unterstellen, dann Sicherung ganz unten rein, Grog- und Hotdog-Automat bedienen, Sicherung raus und ganz oben wieder rein, usw. Und alles muss wechselweise erledigt werden, weil immer ein Knallkopp woanders für irgendwas gebraucht wird. Fragt nicht. Jedenfalls ist immerhin einigermaßen logisch, dass der Hotdog das Monster auf die mit angespitzten Pfählen bestückte Grube locken soll. Nachdem ich also endlich alles soweit arrangiert habe, dass die Wissenschaftlerin einen absurd großen Hotdog in den Armen hält, kann es losgehen. Ich werfe die Wurst in die Falle. Das Monster freut sich wie Bolle und mampft vor sich hin. Bequem auf den angespitzten Pfählen sitzend, die meinen Rüstungsträger zuvor in eine Wolke Binärteilchen verwandelt haben. Das ist die Stelle, in der ich vor meinem inneren Auge Ron Gilbert vor mir sehe und ich ihn anschreie. Das Interview hat ja zum Glück schon ein Kollege geführt. Ich möchte ihn an dieser Stelle sehr gerne am Kragen packen und mindestens mal durchschütteln. Ernsthaft? Ich soll die ganze absurde Scheiße nochmal machen, weil das Monster die Wurst aufaß, ohne zu sterben? Kurz gesagt: Ja. Ganz ernsthaft: Eigentlich wollte ich an dieser Stelle abbrechen. Ich finde es nicht herausfordernd, solche Fehler auszubügeln, sondern voll doof. Ich habs aber nicht getan. Ich habe den ganzen Quatsch nochmal gemacht und im richtigen Moment die komplizierte Apparatur betätigt, die das Monster während des Wurstessens am Kragen packt und entsorgt.
Danach bin ich absurd vorsichtig und arbeite nur noch nach Plan. Irgendwo lese ich, dass man das Brecheisen nicht verlieren sollte. Nun können die drei Fusselbürsten aber mit ihren 6 Händen nicht mehr als drei Dinge tragen. Als ich dann endlich alle drei Souvenirs beisammen habe, muss ich das Brecheisen wohl oder übel liegen lassen. Ich bringe also alle drei Handlampen samt dem Kram nach oben, um dann einen Klappspaten wieder runter zu schicken, das Brecheisen zu holen. Wo hab ich das noch gleich liegen lassen???
Übrigens kann man nicht wirklich sterben. Es macht lediglich kurz Puff und man ist wieder da. Frusthölle gibts auch so. Zwei meiner drei Hirnis müssen zum Beispiel gerne mal auf irgendwelchen Mechanismen stehen, damit irgendwo eine Tür aufgeht. Dann muss man wohldurchdacht alle zum gleichen Punkt bringen. Es ist ein irgendwie absurdes durchwechseln und hin- und herbauen mit Pixelfigürchen. Das ganze liebevoll gezeichnet, humorvoll getextet (wenn mal jemand redet) und gut vertont.
The Cave ist ein Adventure alter Schule, könnte man sagen. Wer den Humor und die Spielweise von Maniac Mansion oder Zak McKracken mag (ich liebte letzteres), der macht nicht wirklich etwas falsch. Stellenweise hat das ganze sogar Drive – das ist bei üblichen Point’n Click eher nicht so. Da wurde behutsam modernisiert. Auch das es gelegentlich doch mal ein bisschen unmodern wirkt, kann man The Cave verzeihen. Doch ein bisschen mehr justieren alter Frustgrenzen wäre irgendwie ganz nett gewesen. Ich habe trotzdem beschlossen, Ron Gilbert nicht zu erwürgen.