Autor Aaron Tristen stellt den neusten Teil seiner Romanreihe „Engel gegen Zombies“ vor. Er ist angetrunken, genervt und voller Selbstmitleid. Sein Verleger hat zur Lesung als Orks verkleideter LARP-Spieler bestellt, obwohl nicht mal Orks im Buch vorkommen. Tristen selbst findet sich in seinen Büchern schon lange nicht mehr wieder, schreibt nur widerwillig, was doch so viele Leser lieben: eindrucksvolle Szenarien mit ausufernden Kämpfen, von untotem Bondage-Sex und zarten Banden zwischen männlichen jungen Engeln, von Kerzenlicht und Folterkellern und beiläufig eingestreuten Weisheiten von der Tiefe der Glückskeks-Sprüche.
Auf der Lesung kommt es, von Alkohol und Drogen noch befördert, zum großen Knall. Auf dem Klo belauscht er die Orks, die erstens völlig korrekt feststellen, dass Tristen noch betrunkener ist, als sie selbst und zweitens seine letzten Bücher, mit einigem Recht, als unterirdisch abtun. Tristen stürzt sich auf die Orks. Was dann passiert, erfahren wir erst am nächsten Morgen, als Tristen mit Kopfschmerzen aufwacht, jemand unter seiner Dusche steht und das Bettzeug grün ist. Einer der Orks vom Vorabend zeigt ihn wegen Körperverletzung an, der unter der Dusche ist schwanger und Tristen muss dringend weg. Ab hier beginnt ein chaotischer Selbstreinigungstrip. Als Vilho Unterberg flüchtet er von Berlin nach Leipzig, um erst mal zu schauen wie es weitergeht. Hier trifft er auf eine unangenehme Rockergang, alte Freunde, eine literarische Selbsthilfegruppe und Pu der Bär sowie Robinson Crusoe werden zu seinen ständigen Begleitern.
Es ist gar nicht so leicht den Orkfresser von Christian von Aster zu beschreiben. Es ist eine verschrobene Ode an das Schreiben, an Popkultur, an Sprache. Es ist kein Fantasybuch, aber eines, was sich mit dem Genre im Speziellen und dem Literaturbetrieb im Allgemeinen auseinandersetzt. Und das mit Leichtigkeit und einer immer spürbaren Lust am Fabulieren. Man merkt, dass von Aster Fantasy und phantastische Literatur mag, ohne die Augen davor zu verschließen, was sich inzwischen in den Buchhandlungen und den Bestsellerlisten abspielt. Das Genre, all seine Subgenres und all seine Genre-Mix-Erzeugnisse sind enorm erfolgreich. Und neben einer Menge hervorragender Bücher produzieren viele Verlage eben auch Bücher, die, wie von Asters Protagonist es formuliert, „sackdumm und leer“ sind. Das sei es vermutlich, „was ein erfolgreiches Buch dieser Tage schaffen muss: die Leute hungrig machen. Auf noch mehr Bücher, die sie ebenso wenig satt machen.“
Um mal bei diesem Bild zu bleiben: Der Orkfresser von Christian von Aster macht satt, ohne zu beschweren. Gesund, ausgewogen und doch anregend. Nix Quinoa mit Chia-Samen und Mangostückchen. Vielleicht eher geschäumtes Kürbissüppchen mit frisch gebackenem Sauerteigbrot? Na gut, das wird nix mit diesem Vergleich. Egal: Das Buch macht Spaß. Es inspiriert, es ist eine Hommage ans Lesen, an Popkultur, an die Welt der Bücher. Voller schräger Figuren, manchmal ein bisschen überzeichnet, aber unterhaltsam. Und irgendwie ist es dabei egal, ob dieses Buch nun dem Fast Food, der gutbügerlichen Küche oder Sterne-Gastronomie zuzurechnen ist.