Bevor abends im Gewandhaus mit Pauken und Trompeten Eröffnung gefeiert wird und Otto Normal Zocker ran darf, dürfen Presse und Handel schon mal anzocken. Und ziehen als Karawane durch die diversen Pressekonferenzen. Wir natürlich mit.
An irgendeiner Stelle hatte ich doch mal erwähnt, was ich von früh aufstehen halte, oder? Müsste irgendwo hier gewesen sein. 8:30 begann die Eröffnungs-PK…
Ich könnte jetzt mal in die Pressemappe schauen, was da so gesagt wurde. Aber meist ist das, was man noch im Kopf hat, das (subjektiv) interessanteste. Also los: wie immer gibt’s einige Zahlen. Und die sagen, Konsolenspiele gehen weg wie das vielzitierte geschnitten Brot. 8% Zuwachs. Weil Edutainment anscheinend wenig interessiert (minus 19%) verlieren die PC-Spiele 7 Prozent. Aber auch Hitzewelle und Fussball-WM werden als Gründe genannt.
Es gibt mehr „weibliche Spielerinnen und Spieler“ (netter Versprecher) und zwar insgesamt 25 Prozent. Das sind 5% mehr als noch vor zwei Jahren. Die meisten Mädels zocken an Handhelds. Wo der DS nicht unwesentlich Anteil haben dürfte.
Über 2500 Journalisten tummeln sich in den Hallen, die zum ersten Mal komplett belegt sind.
Noch eine witzige Statistik: Ossis besitzen im Schnitt 20 Spiele, Wessis nur 10. Sagt der Staatssekretär des Ministeriums für Soziales, Albert Hauser.
Eine PK rund um GC-News, Handelsbilanzen und Zahlen rund ums Spielen.
Weiter gings bei EA. Dass war kurz und schmerzlos. Die Highlights: 1. Spore. Will Wrights neuer Geniestreich, irgendwann 2007 zu haben. 2. Crysis. Die Ex-Franken und Neu-Hessen Crytek schrauben am Shooter des Jahrhunderts. Grafisch beeindruckend, ob das Gameplay auch so innovativ ist, wird sich wohl erst nach längerem Spielen zeigen. 3. Need for Speed Carbon für PS3. Da gabs erste Spielszenen zu sehen. „Von wegen, PS3 nicht spielbar“, hieß es. Tja, auf dem Datenblatt zum EA-Messestand steht die Zahl der verschiedenen Systeme. Und da steht nix von PS3. Dafür aber 20 Xbox 360 Stationen. Da schaue ich morgen sowieso noch mal vorbei, aber so wie es aussieht, bleibt es dabei: PS3 ist auf der GC 2006 nicht spielbar.
Weiter gings zu Nintendo. Im Hause Mario & Co reibt man sich die Hände, eine Millionen DS-Spieler gibt es inzwischen in Deutschland, davon sind 44 Prozent Frauen, sagt Nintendo. Ursächlich für den DS-Erfolg seien Spiele wie Nintendogs oder aktuell Dr. Kawashimas Gehirnjogging. Als neuen Werbestar zauberte Nintendo übrigens Ober-Schlaumeier Jörg Pilawa aus dem Hut. Der Mann geht jeden Abend mit seiner Frau ins Bett, weil die einen Nintendo DS hat. Aha.
Weiterer Gast: Ein Topmodel, dessen Namen ich vergessen habe. In jedem Fall wiegt ihr Gehirn 1400 Gramm und das ist ganz schön schlau. Das weiss sie, weil ihr Lieblingsspiel die Big Brain Academy ist. Eigentlich ist ihr Job auf der Nintendo-Bühne aber, den DS Lite in Pink vorzustellen. Für die modebewusste Dame. Liebe DS-Macher: Ihr habt wirklich überhaupt keine Ahnung von der modebewussten Dame… Aber egal, der DS ist trotz dieser modischen Verirrung ein gelungenes Spielgerät.
Von Nintendo rase ich zu Sony, weil heute und nur heute, eine sagenhafte Tech-Demo auf der PS3 zu sehen sein soll. Also Kamerateam organisiert und ab zu Sony. Bis ich das Team getroffen und Pressemann Guido aufgetrieben habe, ist es 10 Minuten nach 11 und damit 10 Minuten nach Terminvereinbarung. Also quasi mega-pünktlich. Bloss war die Demo fest auf 11 terminiert und grade rum, sagt Guido. Ob wir um halb eins oder gegen 17 Uhr noch mal… Ein Moment, in dem ich kurz überlege, ob ich mal die Fassung verlieren soll. Vielleicht hat man es mir angesehen, auf jeden Fall kann Guido spontan den vorführenden Kollegen zu einer exklusiven Vorführung überreden. Puh… Gezeigt wird eine Anwendung, mit der die PS3 für Grid-Computing genutzt werden kann. Ähnlich wie die Seti at home-Geschichten kann diese Anwendung im Hintergrund Gutes tun. Nämlich in der Krebsforschung tätig sein und Proteine auf Molekularebene untersuchen. Wo ein PC 20 Jahre benötigen würde, soll es die PS3 dank Cell Prozessor in einem Jahr schaffen, sagt Sony.
Bei Ubisoft werden als Highlight Dark Messiah aus der Might & Magic-Reihe gezeigt, Red Steel für Nintendos Wii und ein neuer Brothers in Arms Teil. Ein echter Brüller ist die Cut Scene, in der die amerikanischen Soldaten erschrockenen Zivilisten zurufen: „Don’t worry, we’re Americans“. Zumindest in europäischen Augen, während der präsentierende Randy Pitchford plus Militärberater Major John Antal das Gelächter vermutlich nur bedingt komisch finden.
Danach geht’s zu Microsoft, die eine straff geplante und damit nicht langatmige PK durchziehen. Ähnlich wie Nintendo gibt’s jede Menge Erfolgsmeldungen. Zum Beispiel 1,3 Millionen verkaufte Konsolen in Europa. Für weitere Zahlen müsste ich jetzt mal auf den USB-Stick schauen, auf dem sich die Pressemappe befinden soll. Aber mein iBook ignoriert den Stick vollkommen, also bleibts bei diesen dürren Fakten. Ansonsten gibt’s ein bisschen Einblick in die Entwickler-Umgebung XNA und Live Anywhere, dem Plattform-übergreifenden Möglichkeiten, die mit Windows Vista kommen sollen. Spielemäßig sehen wir ein bisschen Viva Pinata und feine Features in Fifa Soccer 07. Gears of War, auf der E3 schwer präsent, dürfte hiesigen Jugendschutzbestimmungen zum Opfer gefallen sein.
Ab jetzt überschneiden sich diverse PKs so wüst, dass ich Prioritäten setzen muss. Da ich auf der GC den Konsolen-Bericht mache, fällt beispielsweise NCSoft weg. Also schnell mal zu Blizzard geflitzt, das WoW-Addon anspielen. Nach 25 Minuten spielen lässt sich so rasant nichts sagen. Ich tue das, was ich am besten kann und spiele einen Krieger der Draenei ein paar Level. Natürlich muss auch mal was richtig Hochleveliges ausprobiert werden. Leider gibt’s nur einen untoten Stoffi, Level 62. Da bin ich allerdings nicht fit drin und daher ist es ein kurzes Intermezzo. Davor treffe ich kurz Redaktionsleiter Leo, der sich heldenhaft am Blizzard-Stand eine kurze Einführung hat geben lassen. Noch ist sein achtjähriger Nachwuchs mit weniger komplexen PS2-Spielen zufrieden zu stellen. Mein Chef schüttelt den Kopf: „So was spielst Du? Das ging alles viel zu schnell“. Cheffe kann alle IP-Adressen der Redaktionsrechner auswendig, aber meine WoW-Begeisterung kann nicht wirklich nachvollziehen
Nach diesem persönlichen WoW-Vergnügen schaue ich nochmal kurz bei Sony vorbei, die aber keine PK machen. Stattdessen werden Häppchen gereicht, was auch nicht so schlecht ist.
Noch kurz ein Stopp bei Atari und dann ist Schluss für heute.
Morgen werden einige Spiele noch mal ausgiebiger gecheckt und diverse Presseleute getroffen.
Und um 6:30 klingelt der Wecker…
GC-Tagebuch, Tag 1: Behind closed doors