…jedenfalls, wenn Du das als Status-Update gepostet hast und ich dein Freund bin.
Heute läuft bei neues eine Sendung mit Schwerpunkt Facebook und ich nehme das mal zum Anlass, ein paar persönliche Gedanken dazu loszuwerden. Wie man sich denken kann, ist das mal wieder ein Thema, über das wir in der Redaktion lebhaft diskutiert haben. Schließlich hat (fast) jeder auch persönlich eine Verbindung zu Facebook. Die einen mehr, die anderen weniger. Facebooks Umgang mit Privatsphäre, mit Daten, nervige Farmville-Einträge auf unserer Pinnwand, Werbung, das auswerten „privater“ Nachrichten, usw – es gibt genug, über das man diskutieren kann.
Lange Rede, gar kein Sinn: Weiterlesen!
Aktuell ist Facebook ein Riesen-Thema. Nicht nur, weil demnächst der Film „The Social Network“ anläuft. In der großen Rezension, die heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschien, schreib der Autor, Facebook sei das größte Ding im Internet seit der Einführung von Google.
Nicht nur über den Film, vor allem auch über das Netzwerk selbst ist auf allen Kanälen viel Kritik zu hören. Und vieles davon ist durchaus sehr berechtigt. Was mich manchmal stört: Oft startet gleich eine Art automatischer Empörungsmodus, wenn es um das Thema Facebook geht. Nur ein Beispiel: Nachrichten via Facebook. Schreibt man sich über Facebook private Nachrichten, so gibt es zumindest den stark begründeten Verdacht, dass diese ausgewertet werden. Schreibt zumindest der Journalist Jakob Steinschaden in seinem Buch „Phänomen Facebook„, das im Oktober erscheint. Herr Steinschaden ist übrigens in der heutigen neues-Sendung zu Gast, weshalb ich schon einen Blick in das Buch werfen konnte und das hier erwähnen kann.
Auch ohne handfeste Beweise ist es schlicht und ergreifend sehr wahrscheinlich, das Facebook mitliest. Wobei man sich logischerweise nicht vorstellen darf, dass da jemand am Schreibtisch sitzt und Schlüsselworte auf Ausdrucken doppelt unterstreicht. Dafür gibts natürlich Software, die Schlüsselwörter auswerten kann. Das würde zum Beispiel bedeuten können, wenn ihr in einer privaten Nachricht über ein bestimmtest Thema schreibt, entsprechende Werbeanzeigen auf eurer Startseite bekommt. Es gibt Leute, die überrascht so etwas und sie sind entsprechend empört. Das klingt auch tatsächlich nach übelster Ausspähung. Trotzdem geht es sicher vielen so wie mir.
Da hat einfach eine gewisse Gewöhnung eingesetzt – die man sicher kritisch hinterfragen darf/kann/muss. Ich ignoriere diese Werbung größtenteils, bzw sehe sie schon gar nicht mehr. Gezielte Verknüpfungen zwischen meinen Nachrichten und der Werbung sind mir auch noch nie bewusst aufgefallen. Wenn das also tatsächlich so läuft (wie gesagt: most likely), dann ist der gewünschte Effekt auf mich eher gering. Außerdem: Wer glaubt denn, das sei bei großen Onlinehändlern (welchem auch immer) anders? Was ich dort kaufe, was ich auf meinen Wunschzettel setze, was ich bewerte oder rezensiere: Ich bekomme passende Empfehlungen und sehe, was andere kaufen. Ernsthaft und lauthals beschwert hat sich darüber noch keiner öffentlich. Ist nicht auch diese Praxis diskutabel und hinterfragbar?
Es ist natürlich schwer, eine Prognose abzugeben, aber ich denke, in Zukunft wird man sich an solche Werbepraktiken gewöhnen bzw. sie zunehmend nicht mehr als Thema wahrnehmen. Oder erinnert sich noch jemand an die sogenannte Robinson-Liste? Diese Schutzliste gibt es seit 40 Jahren, sie ist laut eigener Aussage die älteste Werbesperrliste Deutschlands mit rund 720.000 Einträgen (Stand März 2010). Aussagen über die Effektivität dieser Sperrliste sind schwierig, Kritiker bemängeln, dass die Wirkung begrenzt sei. Was nicht die Sinnhaftigkeit dieser Institution in Frage stellen soll, nur: Kennt ihr jemanden, der da drauf steht? Im Moment befindet sich die (digitale) Gesellschaft in einer Art Lernphase: Was geht, was geht auf keinen Fall, was ist uns vielleicht einfach egal? Ich denke, es wird auf der einen Seite irgendwann bessere Gesetze und Regelungen geben, auf der anderen Seite wird man sich an bestimmte Dinge einfach gewöhnen. Ich sage nicht, dass das gut sein wird. Ich weiß es schlicht nicht.
Tatsächlich ist es so, dass man in Sachen Facebook und den diversen Einstellungsmöglichkeiten nicht nur einen persönlichen Umgang damit lernen muss. Fehler, Irrtümer und Meinungsänderungen eingeschlossen. Man muss sich vor allem erst mal reinfuchsen. Was gar nicht so leicht ist. Kritiker unterstellen hier, das Facebook das mit Absicht so kompliziert gestaltet oder es zumindest billigend in Kauf nimmt. Das kann ich nicht beurteilen, weiß aber aus eigener Erfahrung: Ohne Tipps von anderen geht es kaum. Ich lese gerne mal bei Social Media-affinen Leuten wie Annette Schwindt nach, die sehr rege alle neuen Änderungen diesbezüglich unter die Lupe nimmt. Und ich habe einiges im Laufe meiner Mitgliedschaft auch immer wieder mal geändert. Ich kann nach wie vor nicht ausschließen, dass ich mich mit irgendeinem Post, irgendeinem Foto oder sonst irgendeiner Aktion mal fürchterlich in die Nesseln setze. Vielleicht deaktiviere ich dann man Profil oder mache wenigstens diesen Fehler nie wieder. Aber das ist ein Risiko, was ich wohl nicht völlig umgehen kann. Es sei denn, ich mache bei Facebook einfach nicht mit.
Wie auch immer, die Diskussion über viele Punkte ist derzeit auch völlig verkopft. Zum Beispiel, ob man die Verbindung bei Facebook überhaupt „Freund“ nennen darf oder kann. Aus meiner Sicht eine völlig sinnlose Debatte. Es steht ja jedem frei, beispielsweise eine Liste anzulegen, die man anders nennt. Zum Beispiel „nervige Schleimer“ oder „Freibiergesichter“. Dahin schiebt man alle, die da reingehören und lässt sie nicht unbedingt auf die tiefste Ebene seiner Facebook-Aktivitäten blicken.
Viele auf meiner Freundesliste fahren einen Mittelweg: Sie melden sich irgendwann mal an, nennen Vor- und Nachnamen, als Profilbild dient ihnen ein Schnappschuss ihres Lieblings-Kaktus und fertig. Danach liest man von ihnen nichts mehr. Ab und an loggen sie sich ein, um eine Freundschaftsanfrage anzunehmen. Das kann man so halten, man braucht Facebook dann aber für nichts. Dann ist Xing oder LinkedIn vielleicht eine bessere Alternative. Ich halte es so: Falls ihr mir eine Freundschaftsanfrage schickt und ich euch nicht kenne, werde ich sie nicht annehmen. Das ist nicht aus Arroganz oder Unhöflichkeit so. Das ist mein ganz persönlicher Umgang mit Facebook. Ich erhebe nicht den Anspruch, dass das der einzig wahre Weg ist, aber so halte ich es. Natürlich sind nicht alle meine Facebook-Kontakte meine besten Freunde. Einige schon, andere sind berufliche Kontakte. Letztere kenne ich aber normalerweise ganz gut. Auch unter letzteren gibt es Leute, die ich sympathisch finde, seit Jahren kenne und mit denen ich teilweise auch befreundet sein kann. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps: So einfach ist halt nicht. Es gibt aber auch immer mal wieder Anfragen von Menschen, die mich offensichtlich nur als beruflich interessant sehen und mich deshalb anfragen. Grundsätzlich gerät man mit Anfragen auch mal in der Zwickmühle: Ich will nicht unhöflich erscheinen, aber auch nicht Hinz und Kunz als Kontakt haben. Manchmal habe ich mich dann doch durch gerungen, die Anfrage anzunehmen, aber von bestimmten Ebenen schließe ich solche Kontakte dann via eigener Liste aus. Ich nutze Facebook, weil es mir Spaß macht. Ich tausche mich mit Freunden, Bekannten und Kollegen aus und ich mag die Interaktion dort. Ich spiele aber nicht und Glücknüsse mache ich auch nicht auf.
Immer wieder wird außerdem diskutiert, wie Arbeitgeber mit Facebook-Profilen und-Aktivitäten ihrer (potentiellen) Mitarbeiter umgehen. Mal heißt es, Party-Fotos seien Karrierekiller, inzwischen hört man auch von Arbeitgebern, ein solides Facebook-Profil könne durchaus förderlich sein. Ganz davon abhängig, WIE die Arbeitgeber an solche Daten kommen, versteht sich… Wer etwas öffentlich zugänglich macht, solle sich gut überlegen, was es ist. Wenn Nicht-öffentliche Profile tatsächlich ausgespäht werden, reden wir von einer völlig anderen Sachlage.
So oder so: Die Weisheit, das man sich ein paar Gedanken machen sollte, was man so über sich preisgibt, ist uralt. Das musste man eigentlich schon, als noch diese ulkigen Freundschaftsbücher in der Schulklasse rumgereicht wurden. Gibts das eigentlich noch? Ihr wisst schon: Wo man Hobbys, Lieblingstiere und -Musik eintragen sollte. Da habe ich, weiß ich ganz genau, auch manche Peinlichkeit auf dem Kerbholz. In der Mittelstufe, so 8./9. Klasse, war das ziemlich populär. Und wenn man einigermaßen cool rüberkommen wollte, hat man halt in den Büchern geschaut, was der lässige Klassenschwarm oder die gehasst-bewunderte Tussi aus der Parallelklasse so eingetragen hat. Und hat einfach, neben anderen Dingen, die offensichtlich gerade angesagten Musiker mit in die eigene Liste geschrieben. Ich hoffe nur, das niemand meiner alten Mitschüler sowas von mir aufgehoben hat… Falls so eine Schwarte doch mal bei einem Klassentreffen auftaucht, kann ich nämlich lange behaupten, das es alles Quark war. Dummerweise habe ich ab und an mal nicht widerstehen können, was vermeintlich cool-klingendes woanders abzuschreiben. In den Freundschaftsbüchern gabs auch Rubriken wo man Angaben zu verhassten Dingen machen sollte. Ich mag nicht: Mathe, Spinat und Pollunder. Manchmal stand in dieser Spalte aber auch weniger Nettes über Mitschüler. In dem Fall, an den ich mich erinnere, wurden zwar keine Namen genannt, aber um wen es ging, war deutlich identifizierbar. Auch wenn es da aus heutoger Sicht um pubertären Kinderkram ging, peinlich kann es allemal sein – falls sowas mal bei einem Klassentreffen auftaucht, kann man schließlich lange behaupten, dass das gar nicht zutraf.
Also, sehr lange Rede, jetzt mal irgendein Sinn: Ich weiß auch nicht immer, ob ich in Sachen Facebook alles richtig mache. Aber letztlich kann ich es nur ausprobieren und versuchen, gesunden Menschenverstand walten zu lassen.
Darauf (k)eine Glücknuss!