Heute wurde es ernst, wir sind mit Tonnen an Equipment bei Blizzard vorgefahren. Etwas, das nicht häufig passiert. Trotz vieler Anfragen dürfen nicht allzu viele im Mutterschiff in Irvine drehen. Wir haben angenehmerweise einen gewissen Vertrauensvorschuss und trugen daher heute Lampen, Stativ, Kamera, Kabel und jede Menge Kleinkram in die Blizzard-Büros.
Der GM-Bereich ist noch ein bisschen größer, als in Paris. Hier tippen in verschiedenen Schichten rund um die Uhr GMs um die Wette. Im zweiten Stock eines der überall gleich aussehenden Bürogebäude werden all die Tickets bearbeitet, die ständig anfallen. Von „wo-kriege-ich-einen-Quest?“ bis zu „Endboss-XY-rückt-meine-Schlappen-nicht-raus“-Tickets.
Für die Interviews mit Frank Pearce, einem der Blizzard Co-Gründer, und Lead Producer Shane Dabiri, räumen wir den kompletten Konferenz-Raum um. Kameramann Peter hätte gerne etwas anderes als eine sandfarbene Wand im Hintergrund. Also schieben wir Thrall in die Ecke und rücken diverse Deko zurecht. Hilfsbereite Blizzards schieben Stühle und bringen Figuren aus Vitrinen.
Mike Morhaime, der zweite der Blizzard-Urväter, ist leider krank geworden. Ohne Stimme spricht es sich schlecht, daher übernimmt Frank Mikes Part mit. Frank ist ein eher ruhiger Typ, der nicht gerne friert. Er war kürzlich zu den Warcraft-Finals in Köln und ist mit einer soliden Bronchitis zurückgekommen. Leider hatte Frank das Pech, ein paar der wenigen kalten Tage dieses Winters zu erwischen. Aber den Kölner Dom fand er trotzdem super.
Im Interview erzählt Frank ein bisschen von früher, als man in einem kleinen Büros logierte und enthusiastisch bereits um 7:30 Uhr loslegte. Heute, 16 Jahre später, darfs gerne ein bisschen später sein. Es ging natürlich im Interview nicht nur um alte Zeiten, aber das ganze Interview schaffe ich hier nicht wiederzugeben. Sobald ich zu Hause zum sichten und übersetzen komme, gibt’s mehr Info.
Im Anschluss rücken wir wieder ein bisschen Lampen und Stühle hin und her, um für Shane Dabiri einzurichten. Ein sehr entspannter Typ, der gerne erzählt. Zum Beispiel, dass einige Spieler so tolle Machinima-Filme gemacht hätten, dass sie inzwischen bei Blizzard arbeiten. So kanns gehen.
Auch dieses Interview werde ich zu Hause in Ruhe sichten und übersetzen. Interviews sauber zu transkribieren, so wie ich es schon mit Franks letztem Interview im Januar gemacht habe, ist ziemlich viel Arbeit. Aber letztlich verwendet man doch nur einen kleinen Teil und das ist schade. Von daher versuche ich auf jeden Fall, alles zu transkribieren.
Wir drehen im Anschluss noch ein bisschen mit Shane und Frank, und im Gebäude, soweit wir dürfen. Das Blizzard HQ ist ein Ort voller geheimster Geheimnisse, die neugierigen Kameras verborgen bleiben. Schließlich wird hier auch noch an anderen Spielen geschraubt, zu denen es noch keine Ankündigungen gab.
Auch zum WoW-Kinofilm war den Herrschaften nicht viel zu entlocken. Nicht mal, ob das ganze nun ein voll animierter Film oder eher in Richtung Jacksons Herr der Ringe gehen wird. Nun sind Kinofilme auf Basis von Spielen ein heikles Unterfangen. Da Blizzard aber bekannt dafür ist, geradezu manisch über die Qualität aller ihrer Projekte zu wachen, würde es mich wundern, wenn der Film in die Hosen geht. Wahrscheinlich würden sie ihn eher gar nicht erst rausbringen.
So langsam wird es dunkel in Irvine und wir machen uns auf die Socken. Nachdem wir den Blizzard-Konferenzraum wieder halbwegs in den vorherigen Zustand versetzt haben.
Ab in den Feierabend-Verkehr und zurück nach L.A. Die Tapes mit dem Roh-Material werde ich mindestens so sorgsam hüten, wie Blizzard seine Betriebsgeheimnisse. Und am Sonntag im Handgepäck nach Frankfurt fliegen. Nicht auszudenken, wenn mein Koffer versehentlich nach Timbuktu fliegt.