Unterwegs von San Francisco nach Frankfurt. Und offline, zwangsweise. Das ist schrecklich und deswegen hilft nur drüber reden. Auf dem iPad – fürs erste offline, versteht sich… Experiment offline-Live-Blog.
13:30 Boarding
Gerade haben Lukas, Andreas und ich noch unser Video-Tagebuch via Photo Booth auf dem MacBook aufgenommen. Und just Sekunden vor dem Boarding hochgeladen. Dank des kostenlosen 45 Minuten-WLAN-Slots, den man am Flughafen SFO bekommt. Über den T-mobile-Hotspot bin ich leider nicht ins Netz gekommen. Hartnäckig meldet der Login-Screen, ich sei bereits eingelogged. Was gut möglich ist: Verzeihung, liebe Telekomiker, dass ich MEHR als ein Gerät nutze, das WLAN-fähig ist. Und dann noch die Frechheit besitze, auf verschiedenen Endgeräten verschiedene Dinge zu tun. Dieses Problem hat mich bereits im Hotel die Woche über mehrfach zu lästerlichem Fluchen veranlasst. Doch jetzt geht’s erstmal in den Flieger und es nützt alles nichts: das Laptop muss zu, das iPhone aus und das iPad hatte ohnehin noch Pause. Selbst ich habe nur zwei Hände.
14 Uhr: Boarding completed
Es gibt Verzögerungen, weil einer das Passagiere just beim Handgepäck verstauen feststellt, dass sein Pass, den er eben noch vorgezeigt hatte, nicht mehr da ist. Hektische Suche in den Reihen 15 bis 40 – ohne Erfolg. Das bedeutet für den Unglücklichen leider, dass er wieder aussteigen muss. Für mich bedeutet es, nochmal fix das iPhone anzustellen. Wenigstens für Musik. Die 10 Minuten nach dem Start fühlen sich sehr lange an, dann sind sie endlich um, das iPhone darf an. Ich schiele Richtung Kollege Garbe: der Nintendo DS ist an…
14:30 Uhr: Mittagessen mit Kinofilm
Am entspanntesten ist die Phase, in der es was zu essen gibt und der erste Film läuft. Leider ist das Kinoprogramm des Rückflugs komplett identisch mit dem des Hinflugs. Wenigstens hatte ich den ersten Film nicht gesehen, nämlich King’s Speech. Den schaue ich dann auch, allerdings würde ich mir tatsächlich mal eine Werbepause wünschen, um kurz Musik zu hören oder mal eine Runde Peggle zu spielen.
16:30 Uhr
King’s Speech ist rum, jetzt erst mal Musik, eine runde Peggle und mal aufs Klo. Tasche aus dem Overhead Compartement holen. Hm, das MacBook ist zwar ein Air, aber immer noch sperriger als das iPad. Ausserdem haben das aufzeichnen und uploaden des Videos doch schon etwas Akku gefressen. Ist aber alles letztlich eine lausige Ausrede, denn Laptop bedeutet eher Arbeit, iPad eher Unterhaltung. Ich könnte beispielsweise die handschriftlichen Notizen der Drehtage abtippen und ordnen. Ich habe aber keine Lust. Stattdessen hätte ich Lust, mich mal bei Facebook einloggen. Und grade hatte ich noch einen Gedanken, der bei Twitter gut aufgehoben wäre. Kam zu glauben, dass es mal eine E3 vor Jahren gab, wo es auf dem Lufthansa-Flug nach L.A. WLAN gab. Man stelle sich vor, man würde mal eben Handys abschaffen: „Ach, wissen Sie, wir wollen noch mal über die Technologie und Finanzierung nachdenken. Deswegen schalten wir jetzt ein grundsätzlich funktionierendes System einfach mal ab und überlegen uns die nächsten paar Jahre, wann wir das nochmal starten.“
Das ist der Punkt, an dem ich aus therapeutischen Zwecken anfange, ein Protokoll dieses unangenehmen offline-Zustandes zu beginnen…
17:30 Besuch
Aus Richtung Reihe 50 kommt Kollege und 3sat-Moderator Lukas geschlurft. Willkommene Abwechslung. Wir zappeln ein wenig auf dem Gang herum, bedienen uns an der Chlorwasser-Bar und Lukas organisiert eine Handvoll Mini-Brezeln. Dann widmet er sich seinem iPhone. Sein Blackberry ist selbstredend offline soviel von Nutzen wie ein Ferrari auf der Fähre von Offenbach-Rumpenheim nach Seligenstadt. Erzähle ihm von meiner Idee mit dem offline-Protokoll. Werde für verrückt erklärt.
Die Lufthansa hatte mal einen Service, der automatisiert twitterte, wo man sich gerade befand. Unser Flug ist aber leider nicht mit Lufthansens. Und twittern LASSEN kann von mir aus Britney Spears. Ich mache das lieber selbst.
Lukas sieht eine Film auf dem iPhone, Andreas schlummert. Bei mir: Musik.
18:15 Uhr
Musik (Sia) im Hintergrund ist schon mal gut, aber meine Augen und mein Hirn brauchen Beschäftigung. Ich entscheide mich für eine Runde Mahjong, weil es am ehsten mit Musik harmoniert. Mein Glückskeks-Spruch für das erfolgreiche abräumen aller Paare: your emotional nature is strong and emotional. Lukas wandert wieder Richtung Reihe 50, um ein Nickerchen einzulegen. iTunes stand offensichtlich auf zufälliger Wiederholung und nach der tanzbaren Sia schrummeln die Foo Fighters etwas anstrengend auf meinen Ohren.
18:44 Uhr
Noch 5400 km und 5:49 Stunden bis Frankfurt. Langeweile. Zeit für die Angry Birds. Das lässt mich nämlich im Gegensatz zu Plants vs Zombies im Hintergrund Musik hören. Ich bin ein lausiger Angry Birds-Spieler und greife deswegen regelmäßig auf die Dienste des Mighty Eagle zurück. Den man nachträglich für 79 Cent kaufen konnte.
Die finnischen Entwickler haben sich sicher bereits die vielzitierte goldene Nase an ihrem Spiel verdient. Mit dem Mighty Eagle dürfte ein silbernes Doppelkinn dazu gekommen sein. Im Hintergrund schreit mich schon wieder Foo Fighter-Sänger Dave Grohl an. Kurzer Blick über den Gang: Andreas wird vom sanften Licht des Nintendo DS bestrahlt.
19 – 20:00 Uhr
Eingeschlafen. Aufgewacht mit schmerzenden Knien, trotz Exit-Reihe. Das iPad meldet: der Mighty Eagle ist wieder da.
20:37 Hunger
Dazu gibt’s nicht viel zu sagen. Ansonsten fiel mir gerade auf, dass ich auf dem iPad spielen und Musik aufs dem iPhone hören kann. Um zum Beispiel das Problem mit Plants vs Zombies und parallel Musikhören zu umgehen. Wahnsinn. Im Inflight Entertainment läuft Friends. Das war schon schrecklich, als es aktuell war. Inzwischen ist die Serie so erfrischend wie lauwarme Cervezia. Noch 3100 km und 3:42 Stunden bis Frankfurt.
21:48 Uhr
Herr Koch ist wieder wach. ZU wach. Er singt mir etwas vor und will wissen, welcher Song das ist. Ich bin aber nicht Shazzam. Sondern offline. Sollte Koch den Kaffee verbieten. Gleich ruft jemand die Sky Marshalls. Herr Garbe schläft. Ob er den Sackboy, den er Sony abgeschwatzt hat, im Handgepäck hat?
Mir ist so langweilig, dass ich meine archivierten SMS‘ lese.
22:26 Uhr
An Daybreak hängen geblieben, witziger Film. Eine junge Producerin versucht, eine eingestaubte Morningshow aufzumöbeln. Moderiert wird das ganze Desaster von einem unfassbar schlecht gelaunten Nachrichtensprecher (Harrison Ford) und einer exaltierten Co-Moderatorin (Diane Keaton). Die Producerin tut, was man halt so tut, wenn man unter Privatfernseh-Druck steht: nach quotenträchigen Themen suchen. Also lassen sich Moderatoren live im Studio tätowieren, der Wettermann muss Live-Schalten aus der fahrenden Achterbahn oder beim Tandem-Sprung aus dem Flugzeug moderieren und Diane Keaton ringt im Sumo-Anzug. Ich kann nur sagen: so ähnlich hab ich das auch erlebt. Nur weniger lustig.
22:50 Uhr
Noch 1 Stunde und 42 Minuten. Ich HABE HUNGER! iPhone spielt Adele’s Rolling in the Deep. Hallo England. Herr Garbe ist nicht an seinem Platz. Mando Diao spielen mit Down in the Past auf. Würde gerne die Rollos hochschieben. Die Sonne scheint. Weiteres deja vu auf dem Bildschirm. Langweiliger Animationsfilm. HUNGER! Sinniere aus nichtigem Anlass darüber, welche Frage man einem Orakel stellen kann, dass nur alle 100 Jahre eine Frage beantwortet: Bin ich zu dick? Wann kommt Bugs Bunny wieder im Fernsehen? Wechselt Manuel Neuer zu den Bayern?
23:15 Uhr
Sehr grosser Hunger.
23:38 Uhr
Essen kommt. Immer das gleiche: wenn ich in endlich schlafen kann, kommt entweder essen oder wir sind bald da. Bekomme das bestellte VLML. Im belegten Pita ist Koriander. Ich HASSE Koriander. Und die Kekse sind die gleichen wie beim Hauptgang. Da bekäme die Bezeichnung Special Meal eine ganz neue Bedeutung, sagt Herr Koch. Erwäge, mich die Klospülung runterzuspülen. Flush-Mob.
23:59 Uhr
Herr Koch kündigt an, sich frisch machen zu wollen. Ich sage, er sähe grossartig aus. War nicht überzeugend. Letzteres lässt sich aus dem Gesichtsausdruck schliessen, mit dem er das Kompliment zurück gibt. Erkenne das trotz Müdigkeit glasklar als Beleidigung.
00:04 Uhr
Landeanflug beginnt. Werde also gleich prima schlafen und dann quengelig aufwachen.
Alle Hintergrund-Infos bitten selber googlen. Aus Konsequenzgründen liefere ich in diesem Blog-Post nichts dergleichen mit.