Druckfrisch in den Kiosken liegt gerade Deutschlands erstes Spielemagazin für Sie, also mich. Oder so… Jedenfalls soll mit dem handlichen Pocketformat gezielt die Frau zwischen 19 und 40 Jahren angesprochen werden. Der beste Freund von allen lästerte angesichts eines Play Vanilla-Werbespots: Was soll da drinstehen, Schminktipps?
Ich habs mal nachgeprüft…
Nein, keine Tipps, wie man die PSP als Schminkspiegel nutzen kann. Das Cover sieht auf den ersten Blick nicht nach Zocker-Heft aus. Die angepriesenen Themen lauten unter anderem: 69 trendige Spiele! Coole Accessoires für iPod, Handy und Ihr Zuhause! Fit wii nie, die neuen Schlankmacher Wii und Eyetoy im Test! Eigentlich fehlt doch tatsächlich nur die Anleitung, wie die PSP als Schminkspiegel zu nutzen ist… Aber ich will hier nicht einfach lästern.
Warum ein eigenes Magazin für Zockerweibchen sein muss, verrät die Seite drei. Man müsse sich nur umsehen und fände Freundinnen, Bekannte, Verwandte, die spielten. Oder Spiele auf ihr Handy laden und – natürlich – World of Warcraft spielen. Erwischt! Ich gehöre schon mal zu letzteren.
Play Vanilla sei für alle diejenigen etwas, denen die kurze Technikseite einer Fernsehzeitschrift zu oberflächlich sei, aber mit öden Tabellen und technikverliebten Gequatsche nichts anfangen könnten. Das ist ein durchaus gelungenen Ansatz, theoretisch zumindest. Denn die angekündigten Hintergrundberichte sind kaum länger als 2 Seiten, im DIN A5-Format. Da lese ich in Magazinen, die sich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben haben, anders zu sein, mehr. In der Gee oder der Ple beispielsweise.
Gelungen finde ich die Einteilung der vorgestellten Spiele in Short Play, Happy Hour und Ladies Night. Das klingt zwar nicht gerade eindeutig, dahinter verbergen sich aber durchaus mal neue Einteilungskriterien. Short Play kennzeichnet Spiele für die Viertelstunde zwischendurch, beim Warten auf den Zug oder unterwegs im ÖPNV. Happy Hour sind Neuheiten, mit denen man auch mal ein Stündchen Spaß haben kann, heißt, Sport- oder Rennspiele. In der Kategorie Ladies Night finden sich Adventure oder Rollenspiele, also alles, wofür man viel Zeit braucht.
Die auch in anderen Spiele-Zeitschriften üblichen Seiten mit Gadgets gibt’s hier auch. Nur findet man hier auch Paris Hiltons güldene PSP und das Swarovski-veredelte Handy.
Es folgt der Teil First Look. Ein Thema, nicht besonders innovativ, aber für eine Erstausgabe wahrscheinlich Pflicht: Die Aufzählungen spielender Promi-Frauen. Da erzählen diverse Doppel-X-Chromosom-Trägerinnen, was und worauf sie so spielen. Das ist nicht immer gleich informativ. Julis Eva Briegel erzählt wesentlich mehr, als Boxerin Regina Halmich, bei der eigentlich nur nachzulesen ist, das sie spielt. Geziert von einer Anzeige ihres eigenen Boxspiels. Ach ja, das spielt sie natürlich…
Im First Look gibt’s eine Reportage – eine Spalte Text – zur Launchparty der PS3. Oder ein Artikel zu Assasins Creed, das Spiel von einer Frau.
Im Bereich Short Play liest man, wie eine Handy Soap entsteht und findet eine Übersicht der Handvoll existenten iPod-Spiele. Und als eine der Short Play-Tipps: Loco Roco, erschienen Juni 2006…
Im Bereich Happy Hour dann der auf dem Titel angekündigte Fitness-Bericht. Ein lizenzierter Fitnesstrainer klopft die einschlägig Verdächtigen Wii Sports und Eye Toy Kinetic auf ihren Fitness-Gehalt ab. Das ist immerhin mal mehr als 2 Seiten lang, dank vieler Fotos.
Alles in allem sieht das erste Heft ein bisschen nach unter Zeitdruck zusammengestellten Themen aus. Oder man dachte sich, die meisten Mädels sind nicht wirklich auf dem neusten Stand.
Gelungen sind dagegen Artikel wie die über die beste Sudoku-Spielerin Deutschlands. Einfach, weil hier mal Seitenpfade ausgeleuchtet werden, statt nur das neuste, unglaublich hammermäßig aussehende Spiel in HD-Optik vorzustellen.
Gewertet wird auch und zwar in 1 bis 5 Vanillas. 5 bedeutet eine uneingeschränkte Empfehlung, ein Vanilla dagegen: Hände weg. Bei einer Zielgruppe von 19 bis 40 scheint mir aber der Splatter-Hinweis etwas albern. Eine Alterskennzeichnung und eine klare Inhaltsbeschreibung tuns meiner Meinung nach. So sieht das aus, als unterstellt man allen spielenden Frauen, sie hätten mit Splatter-Elementen ein Problem. Das kann und darf man natürlich haben, aber das würde ich nicht aufs Geschlecht reduzieren.
Das klingt zwar jetzt nach fürchterlichem Veriss, aber so schlimm finde ich die Play Vanilla nicht. Zum einen würde ich die zweite Ausgabe mal abwarten, zum anderen ist es zumindest teilweise kurzweilige Unterhaltung. Wenn man 2006 NICHT auf der Games Convention, der E3, der CeBIT UND der IFA war…
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