Über zweieinhalb Millionen Mal hat sich der erste Teil von Fable (Xbox) verkauft. Es galt als bahnbrechend, sowohl in technologischer als auch in inhaltlicher Sicht.
Der Spieler konnte erstmals einen Helden spielen, der als junger Heißsporn beginnt, sichtbar altert und sich der Spielweise entsprechend verändert. Das actionreiche Rollenspiel konnte nicht alle Vorschusslorbeeren ernten. Doch es setzte trotz allem Maßstäbe. Und machte neugierig, was eine Fortsetzung leisten könnte. Entsprechend groß waren die Erwartungen und der Druck auf das Lionhead-Team.
149 Menschen arbeiten bei direkt Lionhead, 500 Menschen waren insgesamt an der Entstehung von Fable II beteiligt. Auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz in San Francisco, sprach Jonathan Taylor, der Development Manager von Fable II darüber, wie man so etwas koordiniert. Normalerweise bekommt man immer nur auf Presse-Events oder Messen ein paar schicke Demos vom eloquenten Redner Molyneux präsentiert. Wie es dahinter aussieht, bekam man in diesem Vortrag eindrucksvoll und ziemlich ehrlich erzählt.
Lionhead ist ein erfahrenes Studio, doch ein Riesen-Projekt wie Fable II ist erstmal zu stemmen. Zu hören, was bei Englands wohl berühmtesten Entwickler hinter den Kulissen passiert, ist ziemlich spannend. Manchmal geht es um simple betriebswirtschaftliche Prozesse, die so auch in jedem Logistikunternehmen zu lösen sind. Manchmal gibt es aber auch ungewöhnliche Lösungen für Allerweltsprobleme.
Jede Produktion eines sogenannten „Triple A“-Spiels hat ihre Herausforderungen. Laut Taylor ließe sich das für Fable II in mehrere Punkte aufteilen.
Herausforderung Nr. 1: Kommunikation
Schon eine simple Treppe kann ein Kommunikationshemmnis sein, so Taylor. In einem großen Team wird üblicherweise durch Meetings kommuniziert, durchs Mails usw. Meetings sind wichtig, dauern aber oft stundenlang und in dieser Zeit passiert nichts Produktives. Im Falle von Fable II hat der Lead Designer seine Ideen und Ansätze als Videos aufgenommen. Die konnte sich jeder ansehen, wann immer er wollte, oft auch nebenbei, wenn man parallel an etwas arbeitete.
Herausforderung Nr. 2: Art Outsourcing
Lionhead macht nicht jeden Handgriff selbst, einiges wird auch outgesourced. Allerdings hat das Team auch gelernt: Tue das niemals mit riskanten Bereichen, so Taylor. Der Feedback-Prozess müsse funktionieren, um böse Überraschungen zu vermeiden. Und, fast schon ernüchternd einfach: Wähle einen guten Partner!
Herausforderung Nr. 3: GUI & Front End
Auch hier kann Jonathan Taylor kurz und knapp feststellen: Man habe diese Arbeit unterschätzt, trotz aller Erfahrung. Die technischen Anforderungen zeigen sich oft erst im Verlauf des Prozesses.
Herausforderung Nr. 4: Voice Outsourcing
Ein Videospiel hat keinen Text? Von wegen! Fable II enthält 370 000 Worte, 38 Stunden Gespräche und Dialoge. Gute Stimmen plus solider Inhalt machen einen großen Unterschied, so Taylor zum Thema Voice Acting. Da geht nichts ohne professionelle Sprecher und erfahrene Synchronstudios. Das sieht man im Übrigen auch bei anderen Spielen. Jedes noch so kleine Point and Click-Adventure setzt heute auf Profis als Sprecher. Natürlich auch, weil sich eine Pressemeldung mit der Synchronstimme von, zum Beispiel, Julia Roberts, auch ganz gut liest.
Hat man einen guten Partner für die Synchronisierung gefunden, sollte man diesem auch soweit vertrauen, um ihm das Casting zu überlassen, erklärte Jonathan Taylor. Was wohl soviel heißt, wie Tätigkeiten denen zu überlassen, die etwas davon verstehen.
Herausforderung Nr. 5: Tools und Pipelines
An dieser Stelle wurde es sehr speziell, will sagen etwas zu kompliziert für mich. Die Problematik war, dass Fable II für eine neue Plattform entwickelt wurde. Der erste Teil war bekanntlich noch auf der ersten Xbox und dem PC erschienen. Daher mussten die Entwickler stellenweise bei Null anfangen. Mitgenommen habe ich aus diesem Punkt, dass man aus diesem Grund zu Beginn mit instabilen und unfertigen Werkzeugen arbeiten musste. Das wurde naturgemäß über den ganzen Entwicklungszeitraum gesehen besser. Das Team, das die passenden Tools entwickelte wurde entsprechend vergrößert, Vollzeit-Tester waren parallel damit beschäftigt, alles auf Herz und Nieren zu checken.
Fein-Politur für Fable II
Als es auf die Schlussphase des Projektes zuging, stand zunächst Feinschliff an. Drei Monate wurden dafür benötigt. Hier kommt auch Molyneux selbst wieder stark ins Spiel: Wie spielt es sich bisher? Die größten Bugs werden angegangen, das Design überarbeitet, bzw. einem Finetuning unterzogen, das Gameplay verfeinert, außerdem stehen Balancing und finale Soundeffekte auf dem Programm. Alles in allem eine Vorbereitung für die Test-Phase.
Finale Phase: Testen, testen, testen…
Diese Phase dauerte fünfeinhalb Monate: 4 Monate Testen, 1 Monat Stabilisierung. 65.000 Bugs wurden insgesamt gezählt, 500 Bugs wurden pro Tag repariert. In der heißen Phase erreichte man einen Peak von 6200 offenen Bugs, 2500 wurden wöchentlich gefixt. Es entstand eine Fehler-Datenbank und auch automatisierte Tools, die die Arbeit erleichterten. Leider kann ich keine Fotos von den gezeigten Präsentation bieten. Ich kann nur sagen: Die Excel-Sheets der einzelnen Arbeitsphasen sehen aus, wie die Planung einer Mars-Mission…
Keep The Team Happy!
Keep the team happy, das ist eine wichtigsten Punkte für eine solche Mega-Produktion, gab Taylor abschließend den Anwesenden mit auf den Weg. Und das war noch nicht alles: Feiert Milestones! Sorgt für gutes Essen! Production Support! Auszeiten! Ausgewogene Balance von Arbeit und Freizeit!
Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Es schien aber ernst gemeint. Laut Taylor arbeiteten die Leute engagiert und wenn nötig bis zum umfallen an einem Projekt. Doch diene es niemanden, wenn man Menschen mit lappigen Sandwiches füttere, sie durchackern ließe und zu wenig unterstütze. Das Team muss ein gutes Gefühl haben. Und: Keep people talking!
Alles in allem ein spannender Blick hinter ein solches Spiel wie Fable II.