…kein Sprint! Das ist eine der Erkenntnisse von Amitt Mahajan, Lead Developer von Farmville.
Heute war der erste Tag der GDC und ich habe mich vor allem bei den Talks zum Thema Social & Online Games umgehört. FarmVille ist ein Unikum: Kein anderes Spiel wird von so vielen auf Facebook gespielt – und wahrscheinlich auch von jeder Menge gehasst. Mit gerade mal acht Leuten in 5 Tagen produziert, erreichte FarmVille 24 Stunden nach dem Launch 18.000 Spieler. Innerhalb von 4 Tagen waren es 1 Millionen. Heute steht FarmVille bei etwa 80 Millionen Spielern.
Allerdings: Nur 1 % aller Nutzer – von welchem Social Game auch immer – zahlen auch bereitwillig für Extras. Sagt Mike Goslin. Selbiger war mehrere Jahre bei Disney für virtuelle Welten wie Pirates of the Caribbbean Online oder Toontwon Online verantwortlich. Das schwierigste sei, die Spieler erst mal überhaupt zu akquirieren und zu veranlassen, sich zu registrieren. Das schöne aus seiner Sicht: Genau das nimmt Facebook den Spiele-Entwicklern ab. Die Spieler sind bereits registriert, zum Spiel ist es nur noch ein kleiner Klick.
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Facebook-Spiele: Sie erfordern kein Installieren und praktisch keine Wartezeiten. Das macht den Einstieg auch für bisherige Nicht-Spielern so geschmeidig. Erfahrene Spieler sind Problemchen wie Ladezeiten, installieren von Spielen oder auch Latenzschwierigkeiten gewohnt. Zwar ärgert sie das selbstredend, aber gespielt wird trotzdem. Ein Nicht-Spieler wendet sich bei der ersten Verzögerung oder Hürde mit Grausen ab.
So gesehen ist Golins aktuelles Facebook-Spiel „Fashion City“ schon ein gewisses Risiko, denn die Spieler müssen dafür ein Plugin installieren. Das ginge schnell und sei kostenlos, verspricht daher ein Popup-fenster eiligst. Dafür hat der Spieler aber auch eine 3D-Welt statt der mäßiger Klötzchengrafik (was aber auch kaum jemanden abschreckt). In Fashion City kann man eigne Fashion Shows inszenieren und seine Facebook-Freunde als Models engagieren. Schwups: Weitere Nutzer sind im Boot.
Auch sollen die Social Games-Macher von virtuellen Welten lernen, so Goslin weiter: Frischer Content ist wichtig. Vor allem die Erwartung auf frischen Content. Der kann zwar auch Nutzer kosten, andererseits ist Content laut Goslin ein Eisbrecher. Die Leute reden nämlich drüber, das ganze wird Gesprächsthema im Spiel und drumherum.
Warum Goldgräber-Stimmung im Bereich Social Games herrscht, wenn nur so wenige wirklich zahlen? Zum einen geben die wenigen dafür besonders viel Geld aus. Und es ist Luft nach oben, natürlich hätte man gerne noch ein paar mehr Käufer für virtuelle Waren. Was gar nicht so einfach ist, wie auch Goslin zugab. Jemand, der bisher nicht zahlt, würde das auch nicht ohne weiteres ändern.
Da haben es MMOs mit zahlenden Abonnenten leicht. Zwar müssen sie unglaublich viel Geld vorab investieren, dafür zahlen aber auch 100% ihrer Spieler.
In klassische Spiele muss vorab unendlich viel investiert werden. Nicht nur Geld sondern auch Zeit. Beispiel Mass Effect. Bioware-Entwickler Ryan Warden nennt alleine 300 Tage, die man für die Lokalisierung des Action-Rollenspiels im Tonstudio verbracht hat. Mass Effect 2 kommt auf 450.000 Wörter und 30.000 Zeilen an Voice Over. 350 Schauspieler waren im Einsatz. Die schiere Masse ist schon beeindruckend, man kann sich vorstellen, dass dahinter eine hohe Investition und viel Zeit steht.
Das wiederum scheint auch der Grund, warum viele Spiele-Entwickler statt millionenschwerer Videospiele nun lieber Social Games entwickeln. Jüngstes Beispiel ist Richard Garriott, der Mann hinter Ultima Online. Er hat gerade eine Firma für Social Games gegründet. In einer Art Elefantenrunde sprachen einige Veteranen der Spiele-Industrie darüber, welche Gründe es für sie gab, nun ebenfalls lieber Social Games zu entwicklen. Ale schätzen die Arbeit mit kleineren Teams und die wesentlich kürzeren Zyklen, in denen man mit einem neuen Spiel rauskommen kann. Brian Reynolds ist seit fast 20 Jahren in der Spielebranche und hat mal mit Sid Meier an Civilization und Alpha Centauri gearbeitet. Heute ist er beim FarmVille-Macher Zynga. Brenda Brathwait ist seit fast 30 Jahren im Spielezirkus und war unter anderem für Def Jam, Dungeons & Dragons, Jagged Alliance und Wizardry-Serie mit verantwortlich. Sie gab zu, zu Beginn durchaus vom immensen Erfolg des häufig zitierten FarmVille überrascht gewesen zu sein. Immerhin: Seitdem verstünde auch ihre Familie besser, was sie beruflich eigentlich mache.
Viele der traditionellen Spiele schrecken stellenweise sogar erfahren Spieler ab, weil das Tempo extrem hoch ist und man sich häufig frustrierenden Situationen gegenüber sieht. Selten sei er so genervt gewesen, wie im Beta-Test von Diablo 2, erzählte Noah Falstein. Auch er schon Jahrzehnte in der Branche und unter anderem für Lucas Arts, The 3DO Company, und Dreamworks Interactive. Im Multiplayer Part von Diablo 2 sei er kaum voran gekommen, weil ihn beim Test ein und derselbe Spieler belauerte und ihn auch immer wieder ins digitale Nirvana schickt. Dagegen sind Social Games entspannter, auch wenn es natürlich auch hier in aller Regel der Wettkampf-Gedanke im Vordergrund steht: Die größte schönste Farm, der erfolgreichste Mafia Clan, etc.
Noch seien Social Games im Baby-Alter, konstatierte Brenda Brathwaite. Dieser Nachwuchs ist jedenfalls vielversprechend, könnte man als Fazit sehen.
Mal schauen, wohin das führt: Wie verändern sich Social Games in Zukunft? Die Frage, ob sie komplexer werden müssen oder das lieber bleiben lassen, tauchte in vielen Talk-Runden und Sessions auf. Abschließend klären lässt sich sich natürlich kaum. Wir werden sehen!
By they way: Hier gibts das GDC-Videotagebuch meines Kollegen Andreas und mir!