Nur mal kurz (und etwas verspätet) gemeldet: Drüben bei Insert Moin besprach ich mit Daniel das Buch von Jane McGonigal. Und auch, wenn’s fürchterlich nach Selbstoptimierung und Ratgeber-Quatsch klingt: Es ist lesenswert.

Als die Spieledesignerin Jane McGonigal aufgrund der Folgen einer Gehirnerschütterung zur Untätigkeit verdammt ist und an Depressionen leidet, erfindet sie schließlich „SuperBetter“. Ein Spiel zur Motivation und Stressbewältigung.

In sieben Schritten entwickelt sie aus ihrer langjährigen Erfahrung als Spielentwicklerin einen neuen spielerischen Ansatz, der hilft, mit Depressionen, Traumata und Stresssituationen und Angst besser umzugehen und diese sogar zu überwinden. Wir müssen uns nur trauen, von der „Welt der Spiele“ zu lernen, um dadurch dauerhaft glücklicher und gesünder zu leben.

Quelle: Herder-Verlag

Nicht besser, sondern super-besser

Sie nennt das Spiel „SuperBetter“ und man muss nicht unbedingt durch eine schwere posttraumatische Störung oder Depression gehen, um davon zu profitieren. Es kann auch einfach um Stressbewältigung gehen oder ganz allgemein um Situationen, die momentan anstrengend sind. McGonigal liefert im ersten Teil eine Menge Wissenshäppchen, wie und warum spielen helfen kann. Dabei macht sie klar, dass es um zielgerichtetes spielen geht; nicht mehr als 20 Stunden pro Woche und mit einem definierten Ziel.

Frau McGonigal zufolge trainieren alle guten Spiele (und vermutlich auch die weniger guten) Verhaltensweisen, die helfen können, extrem stressige und fordernde Situationen in etwas Positives zu verwandeln.  Ihrer Aussage nach hat sie zudem 5 Jahre gewartet, bis sie das Buch schrieb, um ihre Erlebnisse wissenschaftlich untersuchen zu lassen und zu verifizieren. Natürlich gibt es auch andere Forscher aus allen möglichen Bereichen, die Theorien zum Nutzen einer spielerischen Mentalität aufgestellt haben. Und Jane McGonigal hat auch selbst mit Ärzten und Psychologen verschiedenen Studien angestellt. An dieser Stelle fühlte ich mich fast etwas von „Beweisen“ überrollt. Es hatte ein bisschen was von Rechtfertigung, von der ich nicht glaube, das es sie noch braucht. Spiele kann man zielgerichtet gut einsetzen, das ist ja an sich nicht mehr so neu.

Tetris gegen posttraumatischen Stress

Aber dieser Eindruck verfliegt, wenn man weiter liest. Es gibt spannende Beispiele, wie etwa Tetris bei postraumatischer Stressbewältigung helfen kann, weil es die Hirnregionen beschäftigt, die für visuelle Reize zuständig sind. Hat man verstörende Bilder gesehen, kann das Spielen dafür sorgen, dass das Gehirn sich darauf nicht so stark oder gar nicht einlassen kann. Ablenkung, einfach ausgedrückt. So werden die traumatisierenden Flashbacks minimiert. Besonders Formpuzzlespiele wie Tetris oder Candy Crush sind dafür gut geeignet. Die Spiele löschen nicht die Erinnerung aus, aber sie können den unfreiwilligen Prozess der Erinnerung stoppen.

Wer jetzt denkt, wenn es um Ablenkung geht, kann man das auch mit anderen Mitteln erreichen, hat nicht unrecht. Aber nicht jede  Form der Ablenkung ist gleich gut geeignet. Bei so etwas wie der Angst vor Operationen, besonders bei Kindern, wird und wurde viel erprobt. Clowns, Comics, Musik – das funktioniert auch, aber nichts davon sei ähnlich effektiv wie Videospiele, so die Autorin. Die genannten Ablenkungen würden nicht im gleichen Maße die kognitive Absorption ermöglichen.

Bei allen Argumenten pro Spiele bleibt Jane McGonigal aber auf dem Teppich. Sie vergisst dann doch nicht, zu erwähnen, das Medikamente oder andere Therapieformen nicht mal eben durch Spiele ersetzt werden können. Sie seien aber eine sinnvolle und wirksame Ergänzung.

Im zweiten Teil des Buches gibt es dann eine Anleitung, wie man seinen Alltag gamifizieren kann, ohne dass es in Arbeit oder seitenlange To-Do-Listen ausartet. Es gibt Beispiele für kleine und große Alltagsquests, Power-Ups und Ziele. Wie das funktioniert, wird gut erklärt. Es gibt auch Passagen, wo es mir mal ein bisschen zu viel und zu kompliziert wurde. Andererseits macht Jane McGonigal auch immer wieder klar, dass man sich nicht überfordern soll. Die Gamedesignerin weiß: Wenn eine Quest nicht interessant ist oder der Benefit nicht stimmt, wird’s nervig. Diese Kurve bekommt sie ganz gut.

Die App dazu hilft ohne das Buch nicht viel: da fehlt dann doch Erklärung und Unterbau. Sie ist mir außerdem zu vollgestopft. Das Buch fand ich dagegen sehr inspirierend. Am Ende steht noch ein langes Literaturverzeichnis für all die Forschungsergebnisse & erwähnten Quellen, die nur kurz angerissen wird. Selbst, wenn man sich nicht auf alle Gamification-Spielchen einlassen mag, liefert das Buch eine Menge Denkanstöße und viel, viel Wissen.

 

 

Superbetter Feelings
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