Wusstet ihr, dass 3sat nicht immer der hippe Kultursender war, der heute mit Giga-Quoten von 1,1 % immer lobend erwähnt wird, wenn es um den Zustand des deutschen Fernsehens geht? Nun, wir haben in den tiefsten Archiven und Giftschränken gewühlt und die wirklich wahre Geschichte aus Puzzelteilen zusammengesetzt. Ihr erfahrt, was die Feuilletons nicht wissen, die Pressestellen verschweigen und nicht mal in der Wikipedia zu finden ist. William Cohn, der sonst im Spartensender ZDFneo sein Dasein als Internet-Ecke von Jan „Böhmi“ Böhmerman fristet, bekam bei uns den verdienstvollen Job des Chronisten und führt durch eine Geschichte voller Liebe, Tragik & Verrat. Oder, um es mit DWDL zu sagen: Voller kryptischen Humors.
Wir haben uns bei Guido Knopp abgeguckt, wie Geschichtsfernsehen geht: Unter Zuhilfenahme von Zeitzeugenberichten, Archivmaterial und inszenierten Spielszenen werden die Schlüsselmomente der Sender-Historie lebendig. In den Archiven des Kanals lagert so manches Geheimnis: So soll der 3sat-Sendevertrag bei einer feuchtfröhlichen Runde ‚Öffentlich-Rechtliches Roulette‘ auf der ZDF-Intendantenetage mit Blut unterzeichnet worden sein. Ein unbedarfter Hausmeister wurde zum ersten Programmchef ernannt. Ein Roboter stieg zum Moderator der Kulturzeit auf und just als das 3sat-Programm in selbstvergessenen Kultur-Elitismus zu erstarren drohte, konnte der Einzug der Wissenschaft den Kanal neu beleben.
Ist es wirklich so gewesen? Wer weiß. Sicher ist: hinter all den Verfremdungen und Verrücktheiten verbirgt sich ein ehrlicher, liebevoll-ironischer Blick auf das Geburtstagskind 3sat. Seine Macken und Eigenheiten, seine Stärken und Schwächen, seine demonstrative Exklusivität und sein trotzdem unstillbarer Wunsch nach Anerkennung einer breiteren Öffentlichkeit, finden ihre allegorische Entsprechung in der fiktiven Räuberpistole. Es gibt übrigens ein paar feine kleine Cameos, von Katrin Bauerfeind, Claus Kleber und Christoph Süß.
Im Kern ist ’30 Jahre Einsamkeit‘ ein Film beseelt vom altmodischen Glauben an die Möglichkeit des Fernsehens, das Leben seiner Zuschauer zu bereichern – und an die Möglichkeit seiner Macher, es zum Besseren zu verändern.
Regie führte mein Kollege Memo, der schon bei Pixelmacher bewiesen hat, dass er kryptischen Humor drauf hat. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit Till Kleinert. Die beiden lernten sich beim Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin kennen. Manchmal treffen sie sich um gemeinsam einen Film zu machen. Sie sind trotzdem noch Freunde. In weiten Teilen ist für die Realisierung des Films das Pixelmacher-Team verantwortlich: Sei es als Schauspieler, Darsteller, Statisten, Aufnahmeleitung, Regieassistenz, Produktion und das bisweilen gleichzeitig. Wir sind trotzdem noch Freunde.
Ein bisschen Trivia: Wer die EDV-Schau der Pixelmacher gesehen hat, wird Figuren wiedererkennen. Der Reporter Hajo Bügel taucht in der EDV-Schau erstmals auf und erreicht im 3sat-Film seine finale Form. Verkörpert wird er von Sebastian. Der EDV-Schau-Moderator wird von Ralph Benz gespielt – im 3sat-Film verkörpert er den eiskalten Intendanten. Das Einhorn im Film sollte eigentlich ein Schimmel sein, aber der sagte einen Tag vor dem Dreh krankheitsbedingt ab. Also, die Besitzerin, nicht der Schimmel. Daher sprang kurzfristig ein Brauner ein. Er heißt Einstein – wenn das nicht zu 3sat passt, weiß ichs auch nicht. Der ursprüngliche Titel war „30 Jahre Einsamkeit“. Das transformierte im Laufe des Produktionsprozesses zu „die wirklich wahre Geschichte vo 3sat“, aber ich bin irgendwie beim ersten Vorschlag hängengeblieben. Ich mag die, sehr subtile, Ironie darin.
Der Film wird am 7.12.2014 um 21:55 Uhr in 3sat ausgestrahlt. Das ist die Website dazu bei 3sat und dort könnt ihr den Film 24 Stunden vor Ausstrahlung schon in der Mediathek sehen. ABER: Nur in SD-Qualität. Ich würde in diesem Falle tatsächlich bevorzugt die TV-Ausstrahlung empfehlen, weil in HD. Juhu!