Eine gute Story ist viel wert, egal ob von einer Vorlage oder aus der Feder eines guten Story-Autoren. Immer wieder erscheinen Spiele, die in dieser Hinsicht von sich reden machen. Zwei Beispiele: Dante’s Inferno (Electronic Arts) und Gray Matter (dtp).
Beispiel eins: Dante’s Inferno…
…lässt sich wie auch die meisten Titel eher inspirieren, als eine literarische Vorlage werksgetreu umzusetzen. In diesem Fall ist es die Göttliche Komödie, die herhalten muss. Geschildert wird die Reise durch die Hölle, inklusive Läuterung und Paradies. Im Spiel wird Dante als Kreuzfahrer, der vom rechten Weg abkam, hart bestraft. Die Seele seiner Geliebten Beatrice landet beim Teufel. Dante muss dem Teufel Beatrices Seele wieder entreißen.
Ausgerüstet mit einer ordentlich großen Sense macht ihr euch alsdann auf den langen Weg durch die Kreise der Hölle. Schnell lernt ihr auch noch ein paar nützliche Zauber dazu, so dass ihr Nah- und Fernkampf-Möglichkeiten kombinieren könnt. Am dynamischen Kampfsystem gibt es nichts zu meckern. Die Verdammten Seelen, die Dante bekämpft, könnt ihr entweder bestrafen oder von ihren Sünden freisprechen. Dafür gibt es Punkte: Je nach Entscheidung für Strafe oder Erlösung sind es heilige oder unheilige Erfahrungspunkte. Die könnt ihr anschliessend für die Verbesserung verschiedener Fähigkeiten einsetzen. Gesundheit und Mana muss man im Auge behalten: Dafür lassen sich unterwegs verschiedenfarbige Sphären einsammeln, um beides wieder aufzufüllen.
Die Entwickler haben optisch ein Feuerwerk höllischer Gestaltungskunst entfaltet: Verstörende Kreaturen en masse treten euch gegenüber. Zugegeben: Man muss es mögen. Man kann es nämlich auch furchtbar finden. Ich habe mich noch nicht entschieden.
Von einem Meilenstein in Sachen interaktiver Unterhaltung kann man vielleicht nicht sprechen. Dante’s Inferno ist aber definitiv ein gut geratenes Action-Spiel, das sich nicht nur bei der Story hat inspirieren lassen, sondern auch von anderen Hack’n Slay Titeln – God of War zum Beispiel. Beides nicht zu seinem Schaden. Als Lehr-Beispiel für die Dichtkunst des europäischen Mittelalters ist wohl nur bedingt geeignet.
Beispiel zwei: Gray Matter
Genretechnisch etwas ganz anderes: Das Point’n Click-Adventure Gray Matter. Die Story dazu liefert Jane Jensen: Die renommierte Adventure-Autorin wurde mit der Adventure-Serie Gabriel Knight bekannt.
Handlungsort von Gray Matter ist die englische Universitätsstadt Oxford. Eine junge Magierin mogelt sich als Assistentin ins Haus eines mysteriösen Wissenschaftlers. Seltsames geht hier vor und ihr müsst es enträtseln.
Genretypisch müsst ihr nahezu jeden Gegenstand der Umgebung untersuchen. Die Charaktere bewegen sich dabei leider sehr hölzernen. Einen Gegenstand aus dem Inventar zu benutzen, dauert eine gefühlte Ewigkeit. Über eine Art Kompass wählt ihr Gegenstände oder Objekte aus. Alleine die Erklärung, wie ihr Gegenstände auswählt und mit anderen Objekten kombiniert, füllt den ganzen Bildschirm. Den Satz „Die ist für Houdini!“ zur in der Zimmerpflanze gefundenen Karotte, haben wir sehr, sehr oft gehört. Die ungemein fricklelige Steuerung konnten wir nur lästerlich verfluchen. Den Hasen Houdini zu füttern war ein echter Kraftakt.
Die Sprecher sind im Grunde gut, aber die vielen Wiederholungen auf Dauer extrem nervig. Die bleiben bei einem Adventure natürlich nie aus, weil man eben die Umgebung zu genau absuchen muss. Aber letztlich klingen die Sprecher hier wie im Auto-Navi: Jetzt.links.fahren.
Eigentlich ist ein eher ruhiges und rätsel-lastiges Adventure ideal, um eine Geschichte aufzubauen. Hier stimmt aber die Mischung nicht. Mein persönliches Fazit: Die Geschichte mag Hand und Fuß haben. Doch die schauderhafte Steuerung und die hölzern wirkenden Charaktere lassen wenig Stimmung aufkommen. Da nützen weder die namhafte Autorin noch eine im Grunde gute Geschichte…
dtp
GRAY MATTER (PC & XBOX360)
USK 12