Zur aktuellen Folge über Piraten, mit Autor & Journalist Michael Scott Moore als Gast, hier ein paar längliche Ausführungen, ein bisschen Hintergrund und ein paar Links zu interessanten Dokus oder Büchern.

Piraten in der Popkultur

Zeichnung der Piratenflagge Jolly Roger: Von mir. Foto: Auch von mir, aber sicher keine Piraten, sondern ein Bild von Schiffen im Hafen von Muscat, Oman

Captain Hook aus Peter Pan oder Captain Jack Sparrow sind die Piraten, die vermutlich popkulturell die bekanntesten sind. Vor Hook hatte ich als Kind fürchterliche Angst. Captain Sparrow kam später und der verströmte nun nicht wirklich viel Angst. Und Johnny Depps Darstellung ist das einzige Highlight einer Reihe ausnehmend schlechter Filme zum Thema Piraten. Kleiner Lesetipp aus der Rubrik Unterhaltung: Gold – Pirate Latitudes von Michael Crichton. Kein überaus anspruchsvolles Buch, aber spannend. Und was es für mich empfehlenswert macht, ist die Genauigkeit, mit der Crichton trotz ordentlicher Prise Piraten-Romantik, Schauplätze und Kämpfe auf See beschreibt. Film-Tipp: Captain Phillips, stark besetzt mit Tom Hanks. Der Film erschien 2013, während Michael Scott Moore bei den somalischen Piraten festsaß. Skurrilerweise sah er Teile des Films auf dem Smartphone eines der Piraten. Darüber reden wir auch im Podcast.

Als ich Michael Scott Moores Buch „The Desert And The Sea“ gelesen hatte, dachte ich sofort: Das ist mein Piraten-Thema. Natürlich sind Piraten ein nahezu perfektes Thema für einen Popkultur-Podcast, ähnlich wie Zombies. Allerdings sind Zombies natürlich nicht wirklich existent – sie stehen nur für eine Möglichkeit, mit Realitäten auf einer Metaebene umzugehen. Die Zombies aus Horrorfilmen stehen z.B. für die Angst vor Epidemien, davor, was das global für Gesellschaften bedeutet. Piraten dagegen gab und gibt es. Und wenn wir die historischen Piraten noch hie und da romantisch verklären können, auch wenn die nicht minder grausam waren, fällt das heute noch deutlich schwerer.

Piraterie heute

Die somalischen Piraten rechtfertigen sich mit wirtschaftlicher Notwendigkeit und den hemmungslosen Raubzügen ausländischer Fangflotten und der Giftmüll-Mafia, die ihre Küste verseucht hat. Die in Nigeria mit der Gier ausländischer Ölformen, die die Bodenschätze ausbeuten, aber Einheimischen keine Jobs geben. Das ist nicht erfunden und doch ist das Ganze eben auch ein Geschäft der Gier und dem ist wenig Romantisches abzugewinnen.

Piraterie vor Somalia ist vermutlich allen ein Begriff, weil sie einige Jahre die Nachrichten von dort bestimmt hat. Somalia gilt als Beispiel für einen „failed state“ – dem kompletten Zusammenbruch staatlicher Ordnung. Dort gibt es nicht nur seit Jahrzehnten keine bzw. nur eine sehr schwache Regierung, sondern auch keine Küstenwache. Damit also auch keinen Schutz vor ausländischen Fangflotten, die im Falle Somalias jahrelang die 12 Seemeilen, die das Seerecht vorsieht, ignorierten. Die italienische Mafia verklappte dazu illegal Giftmüll vor der somalischen Küste. Dass die Fischerei ohnehin brachliegt, weil es ohne staatliche Regelungen und Schutz durch eine funktionsfähige Marine kaum geregelte Handelsmöglichkeiten gibt, verbesserte die Lage für somalische Fischer natürlich auch nicht gerade. All das dient oft als Rechtfertigung für die Überfälle und Geiselnahmen der somalischer Piratenbanden. Doch Piraterie ist am Ende eben auch eine Form von Handel, der in diesem Fall überhaupt noch möglich ist. Wenn auch ein „äußert verbrecherischer und gewalttätiger“ Handel, wie es Michael Scott Moore beschreibt.

Inzwischen ist es vor der somalischen Küste ruhiger geworden, auch wegen der Operation Atalanta, die jüngst bis Mai 2019 verlängert wurde. Hauptaufgabe ist es, die humanitären Seetransporte des Welternährungsprogramms der UN zu sicher und Piraterie zu verhindern. Inzwischen hat sich die Piraterie verlagert, nach Westafrika, zum Beispiel Nigeria und Südostasien. Michael Scott Moore war bei seiner Recherchereise, auf der er entführt wurde, mit einem deutschen Dokumentarfilmer mit indischen Wurzeln unterwegs. Ashwin Ramans Doku für den SWR könnt ihr hier sehen – bei Spiegel Online eingebunden.

Auch interessant, von 2016: Diese Doku über Piraterie in Nigeria und die Lage in Somalia zu diesem Zeitpunkt. Eine französische Doku, die ihr unter dem Link in der ZDF-Mediathek findet – noch online bis 26.12.2019.

Michael Scott Moores Buch ist auf Deutsch bei Edel Books erschienen. Und wer weiß, vielleicht gibt’s ja auch mal einen Film dazu… man höre auch dazu im Podcast nach.

Popkulturfunk, neue Folge: Piraten!
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