By: Shawn Campbell

A day does not pass that I do not feel a sense of overwhelming guilt – both for the myriad ways I failed Dylan and for the destruction he left in his wake.

 
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht ein überwältigendes Gefühl der Schuld verspüre – für die unzähligen Male, wo ich bei Dylan versagt habe und für die Zerstörung, die er hinterlassen hat.

 

Sue Klebold / A Mother’s Reckoning

 

„There’s been a shooting…“

Am 20. April, um kurz nach 12 Uhr mittags, erreicht Sue Klebold ein Anruf ihres Mannes: Sie versteht zunächst nur die Worte Bewaffnete und Schule. Ein Freund Dylans hatte wiederum ihren Mann Tom angerufen und nach Dylan gefragt. Der sei nicht in der Columbine High School aufgetaucht. Es gäbe eine Schießerei und die Todesschützen trügen schwarze Trenchcoats – wie der, den sie Dylan geschenkt hätten. Sue Klebold fährt panisch und verwirrt nach Hause. Kurz nach ihrer Ankunft trifft auch die Poilzei ein, einige in SWAT-Team Uniformen. Die Klebolds, zusammen mit dem inzwischen ebenfalls eingetroffenen älteren Sohn Byron, müssen das Haus verlassen. Ein Bomb Squad trifft ein, die Beamten gehen mit gezogenen Waffen ins Haus, stellen alles auf den Kopf. Mehr Polizei trifft ein, Hubschrauber von Medien und Behörden kreisen über der Nachbarschaft. Es ist der Auftakt einer nunmehr 17 Jahre währenden Achterbahnfahrt des Horrors.

Der hinzugezogene Anwalt sagt ihnen, sie müssten sich für „einen Feuersturm des Hasses“ wappnen. Zunächst wissen die Klebolds nur, was die sich überschlagenden Reporter via Fernsehen und Radio melden. Doch sie wissen relativ früh, dass ihr Sohn einer der Schützen ist. Als die Reporter erste Todeszahlen nennen, betet Sue Klebold stumm:

As a mother, this was the most dificult prayer I had ever spoken in the silence of my thoughts, but in that instant I knew the greatest mercy I could pray for was not my son’s safety, but for his death.

Als Mutter war dies das schwerste Gebet, das ich jemals in Gedanken gesprochen habe, aber in diesem Moment wusste ich: Die größte Gnade, für die ich beten konnte, war nicht die Sicherheit meines Sohnes, sondern sein Tod.

Sue Klebold / A Mother’s Reckoning

Fast 18 Jahre ist es her, dass Dylan Klebold und Eric Harris an der Columbine High School in Colorado zwölf Mitschüler, einen Lehrer und sich selbst töteten. Seitdem fragen sich Menschen, warum. Verantwortlich gemacht werden Musik, Hass, Mobbing, mal der zu leichte Zugang zu Waffen, mal der zu schwierige und – nicht zuletzt – Videospiele. Sue Klebold hat all die Jahre öffentlich geschwiegen – über die Gründe dafür und alles andere, schreibt sie nun detailliert, ehrlich, tieftraurig, engagiert und offen in ihrem Buch A Mother’s Reckoning: Living in the aftermath of the Columbine tragedy. Sie schont sich selbst nicht und schreibt auch auf, was sie vielleicht noch weiterer Kritik aussetzen wird. Als Buße für all das, was sie nicht hat verhindern können.

Das ihr Sohn wirklich tot ist, erfährt Sue Klebold erst, als sie irgendwann ein Mitglied des SWAT-Teams konfrontiert. Erst spät dürfen sie in ihr Haus zurück und sie betreten es nur, um das Nötigste zu packen und zu Verwandten zu fliehen. Das sie nicht bleiben können, ist da längst klar. Noch am Morgen ist sie nichts anderes als eine Mutter, die täglich Familie, Job und pubertierenden Sohn jongliert. Am Abend ist sie die Mutter eines hasserfüllten Todesschützen, verantwortlich für das bis dato schlimmste School Shooting der Geschichte. Und ihr Sohn ist nicht nur tot, sondern auch noch ein Massenmörder.

Was genau geschehen ist, läuft in den folgenden Tagen – unterlegt mit detaillierten Grafiken und Animation – auf jedem Fernsehkanal. Da es aber keinerlei Information zu den Motiven der beiden Jungen gibt, folgt eine schier endlose Welle an Spekulationen. Mal waren Dylan und Eric Gruftis, totale Außenseiter und Mitglieder eine Gruppe namens „Trench Coat Mafia“. Mal verwöhnte Gören, die nie den Unterschied zwischen richtig und falsch gelernt hatten. Schwul. Gemobbed. Selbst üble Mobber. Die Charakterisierung als Außenseiter war aus der Sicht von Eltern, Freunden und Verwandten die falscheste, die sich jedoch am weitesten verbreitete.

Origami, Baseball, LEGO

Sue beschreibt ihren jüngsten Sohn als unkompliziertes Kind. Immer schon eher ruhig, sehr klug, später als Teenager schüchtern, aber höflich und freundlich. Bis zu einer Verletzung spielt Dylan gut Baseball, später Fußball. Er hat einen ganz normalen Freundeskreis, aus Jungs und Mädchen. Die Klebolds kann man wohl als eine typische, gebildete Mittelstandsfamilie bezeichnen. Sie sind Eltern, die darauf achten, was ihre Kindern im Fernsehen schauen, nicht zu viele gesüßte Cornflakes essen, Erwachsenen höflich die Hand geben, andere Menschen mit Respekt behandeln, zu Hause nicht fluchen. Die wissen wollen, welchen Film ihre Kinder auf Geburtstagspartys sehen werden und mit wem sie Umgang haben. Sue Klebold arbeitet an einem College mit Studenten mit Behinderungen. Sie malt und sammelt Kunst, Dylans Vater Tom Klebold ist selbständiger Geophysiker. Sohn Dylan liest gerne, bastelt als Drittklässler schon kunstvolle Origami-Figuren und baut mit LEGO komplizierte Schiffe, Schlösser und Raumschiffe. Die Eltern bemerken wohl, dass er sich selbst mit einem gewissen Perfektionismus unter Druck setzt. Ein Kind, dass nie nach Hilfe fragt, weil es alles alleine schaffen will. Was ihm offenbar auch meist gelingt. Außer einer ernsthaften Erkrankung als Säugling macht Dylan keinerlei Probleme – bis zu seinem Junior Year an der High School.

Trouble

Dieses Kapitel zu schreiben falle ihr am schwersten, beginnt Sue Klebold den Abschnitt. Rückblickend wirken die Ereignisse wie ein Leuchtfeuer. Da bitte, da gabs doch sehr wohl Anzeichen, dass der goldblonde Sonnenschein auch eine andere Seite hatte. Nun gibt es nur wenige Teenager, die ein völlig konfliktfreies Bilderbuch-Heranwachsen abliefern. Sue Klebold beschäftigt sich durchaus mit dem, was ihr Sohn in seiner Freizeit tut. Videospiele duldet sie, obwohl sie sie für Zeitverschwendung hält. Sie hält Videospiele nicht für verantwortlich – sie spricht sie aber auch nicht völlig frei. Das mediale Gewalt Empathie herabsetzen kann, ist im Übrigen psychologisch gut erforscht. Beide Jungen mochten beispielsweise Doom – Eric Harris hatte auch eigene Level auf seiner Website. Videospiele als Gewaltgrund, diese Diskussion ist in Deutschland womöglich noch erbitterter geführt worden, als in den USA. Gefühlt hat das meine gesamte journalistische Arbeit in Sachen Games lange begleitet.

Sue Klebold weiß heute, welche und das sie Zeichen falsch gedeutet hat. Nur: Welche Eltern können ihren Kindern so präzise in Kopf und Seele schauen? Wahrscheinlich ist es ein normaler Reflex bei so einem Ereignis, zu denken, man MUSS da doch im Vorfeld zumindest etwas ahnen. Und das kann Sue Klebold sogar verstehen. Sie würde exakt das denken, wäre sie nicht die Mutter von Dylan Klebold, schreibt sie im Buch. Schließlich begehen nicht alle pubertierenden Teenager einen Massenmord an ihrer Schule – da muss also mehr sein. An dieser Stelle kann ich vorwegnehmen: Es gibt sie nicht, die eine Antwort. Es gibt nicht das eine Puzzleteil, dass das Bild komplettiert. Nur viele, viele Faktoren. Und am Ende die Erkenntnis, das man diese Frage nicht abschließend sicher beantworten kann. Die Frage nach dem Warum.

Mit 15, 16 wird Dylan noch stiller, mürrischer, zieht sich zurück. Doch die Eltern müssen sich auch mit anderen Schwierigkeiten befassen, als nur einem scheinbar pubertären Verhalten. Eine Jobwechsel bei Sue Klebold, eine chronische Erkrankung von Tom Klebold, der Auszug des älteren Sohnes und dessen holpriger Start ins Berufsleben, all das fordert Aufmerksamkeit. Dylan schläft weniger, wirkt erschöpft. Auf Nachfragen reagiert er aber freundlich und nachvollziehbar: Viele Hausaufgaben und ein stressiger Nebenjob um das erste Auto zu finanzieren. Dass das alles Anzeichen für eine Depression sein können, weiß Sue Klebold zu diesem Zeitpunkt nicht.

In dieser Phase taucht auch der Name Eric Harris häufiger auf. Dylan ist Admin für das Computer-Netzwerk an seiner Schule. Mit einem Freund entdeckt er eines Tages die Codes für die Schul-Spinde, öffnet einige davon um zu schauen, ob das klappt und leakt diese Info dann an Eric Harris.  Die Jungs fliegen auf und sollen für 5 Tage von der Schule suspendiert werden. Die Schule greift damit zu einer relativ harten Sanktion, obwohl (oder gerade) weil es dafür keine Richtlinie gibt. Dylan selbst wirkt auf seine erboste Mutter fast überrascht, traurig. Er mag den Lehrer, dessen Vertrauen er betrogen hat. Er verliert den Schuljob als Admin, an dem er sehr hängt. Einige Monate später gerät er mit einer Gruppe jüngerer Schüler aneinander, die, wie die Schulleitung bestätigt, ungewöhnlich aggressiv auftreten. Eine Kränkung, die Dylan offenbar nicht gut wegsteckt. Was nun kaum verwundert, aber natürlich in seinem Fall Alarmglocken schrillen lässt. Es gibt noch einige Vorfälle dieser Art, auch Dylan wiederum fällt mehrere Mal auf, als er beispielsweise einen Spind zerkratzt. Diese Vorfälle belasten alle Beteiligten, sie sind aber auch nicht extrem ungewöhnlich. Sue Klebold meint, all das habe ihn in einer schwierigen emotionalen Phase wohl härter getroffen, als ihr das damals bewusst war und sie wirft sich durchaus vor, das nicht erkannt zu haben. Doch sei das weder eine Erklärung und schon gleich gar keine Entschuldigung für das begangene Verbrechen.

Eric Harris dagegen gerät während dieser Zeit mit einem anderen Mitschüler aneinander, mit dessen Mutter auch Sue Klebold bekannt ist. Diese ergeht sich in einer langen Tirade über Eric, deren Heftigkeit Sue Klebold überrascht. Obwohl Sue auch Zeuge von unbeherrschten Reaktionen von Eric Harris wird, hält sie ihn nicht für ernsthaft gefährlich. Das Eric Harris in psychiatrischer Behandlung ist, Psychopharmaka nimmt, erfährt sie erst später. Ebenso von dessen Website, auf der dieser öffentlich Todesdrohungen postet. Diese Website wird von der gleichen Mutter sogar angezeigt, doch einige Texte löscht Eric und eine geplante Durchsuchung seines Hauses bleibt offenbar auf dem Dienstweg hängen. Tödliche Fehler, wie sich herausstellen soll.

Am gravierendsten ist jedoch, dass Dylan und Eric in einen geparkten Van einbrechen und elektronisches Equipment stehlen. Sie werden noch am gleichen Abend erwischt und verhaftet. Die erschütternden Elternpaare treffen sich auf dem Revier und warten Stunden, ob die beiden in Haft bleiben müssen oder nach Hause dürfen. Für Sue Klebold scheint es zunächst großes Glück, dass die Jungs statt in den Jugendknast in ein Kursprogramm für jugendliche Ersttäter gesteckt werden. Das in der Jugenstrafanstalt ein interdisziplinären Teams arbeitet, das vermutlich Dylans Depressionen und Suizid-Gedanken diagnostiziert hätte, weiß sie damals nicht. Was sie damals am meisten fürchtet, wäre womöglich die bessere Lösung gewesen.

Sue Klebold will danach die beiden Jungen lieber auseinander halten. Zunächst geschieht das auch, doch das sogenannte „Diversion program“ findet unglücklicherweise für beide parallel statt. Natürlich werden im Nachhinein alle diese Probleme als deutliche Warnzeichen gesehen, die man keinesfalls übersehen hätte dürfen. Das ist verständlich, doch Fehler wurden an vielen Stellen und von ganz unterschiedlichen Institutionen und Personen gemacht. Und es kamen enorm viele Faktoren zusammen. Kein einzelner ergibt die Erklärung, die wir suchen. Zumal die beiden Jungen das Programm nicht nur sehr gut absolvierten, sondern sogar vorzeitig mit guter Bewertung für ihre Zukunft daraus entlassen wurden. Es gibt auch Anzeichen, dass Dylan Schwierigkeiten hatte, sich gegen Eric durchzusetzen. Alles in allem war die Beziehung zu Eric Harris wohl kompliziert. Dylan hatte aber auch einen größeren, stabilen Freundeskreis aus Jungen und Mädchen, mit dem er zum Bowling, ins Kino, zu Partys ging. Auch diese Freunde haben nicht geahnt, wie schlecht es Dylan phasenweise ging und womit er sich gedanklich beschäftigte.

Liebe, Einsamkeit, Tod

Dylan hat den Plan einer Attacke auf die Schule mitgetragen und ausgeführt. Nichts kann ihn von dieser Schuld freisprechen. Aber es geht Sue Klebold – und das erwähnt sie immer wieder – nicht darum, ihren Sohn von diesem Verbrechen zu entschuldigen, freizusprechen, sondern vor allem um das Warum. Nur Verstehen hilft Vorbeugen. Wobei man eben nie sicher wissen kann, was man verhindert hat. Psychische Schwierigkeiten oder Depressionen unter Jugendlichen sind nicht selten. Sie äußern sich aber anders als bei Erwachsenen. Und Teenager sind sehr gut darin, Eltern, Lehrern und sogar Freunden nichts von einer vermeintlichen Schwäche zu zeigen. Erst recht nicht jemand, der sich selbst keine Schwäche verzeiht und, wie offenbar Dylan, unrealistisch hohe Ansprüche an sich selbst hat. Dylan hat immer wieder aufgeschrieben, was ihn quälte – doch wie erbärmlich es sich tatsächlich fühlte erfuhren die Klebolds erst 2 Jahre nach seinem Tod. Erst dann haben die Ermittler die auf vielen losen Zetteln verfassten Einträge an die Eltern gegeben.

Volle zwei Jahre vor der Tat schreibt Dylan bereits davon, sterben zu wollen. Er schreibt von Verzweiflung, Einsamkeit, von der Suche nach Liebe. Es geht auch um Gewalt, aber noch bis Januar 1999 ist das weitaus häufigste Wort in seinen Einträgen Liebe. Es gibt einen Abschiedsbrief und dann Monate später wieder ein verzweifelter Eintrag: „Still alive, still miserable.

Dylans Eltern reagieren nur auf seine offensichtlichen Schwierigkeiten: Mit klaren Verhaltensregeln, mit Strenge, aber auch mit langen Gesprächen und Liebe. Als man ihnen 6 Monate nach der Schießerei die sogenannten „Basement Tapes“ vorspielt, bricht für die Eltern eine Welt zusammen. Und Sue Klebold fragt sich, welches Monster da im Körper ihres Jungen steckt. Die Videos offenbaren Eric Harris‘ verstörende Gedankenwelt, Dylans Wut, aber auch die fatale Dynamik zwischen den beiden. Es scheint, als habe Eric Harris für Dylan einen Ausweg aus einer für ihn unlösbaren Misere geboten. Eine entsetzliche, eine die fassungslos macht. Sue Klebold hat sich seither intensiv mit psychischen Problemen und Suizid-Prävention auseinandergesetzt. Sie glaubt, wir müssen andere Fragen stellen: Nicht warum, sondern wie etwas geschehen konnte. Nach allem, was man weiß und aus Tapes und Tagebucheinträgen beider Jungen lesen kann, zeigt Eric Harris viele Züge eines Psychopathen. Das er Probleme hat, wussten seine Eltern und sie haben versucht, ihm zu helfen. Eric war in Behandlung und er bekam verschiedene Medikamente. Manche dieser Medikamente können Symptome noch verstärken oder verschlimmern, wie man heute weiß. Viele Experten, mit denen Sue Klebold im Laufe der Jahre sprach, glauben, beide mentalen Profile haben sich auf unselige Weise gegenseitig genährt. Es bleibt natürlich ein gutes stückweit Spekulation, aber vielleicht hätte Eric die Motivation für seine größenwahnsinnigen Attentatspläne verloren, ohne den Thrill, Dylan mit in den Abgrund zu reißen. Vielleicht hätte Dylan seine Depressionen ohne den als manipulativ beschriebenen Eric doch offenbart oder aber, sich umgebracht. Dann hätte es „nur“ einen Toten gegeben, aber vielleicht keine brutale Schießerei.

Sue Klebold hat viel aushalten müssen: Sie kann damals wie heute kaum öffentlich trauern, denn ihr Sohn ist für die meisten Menschen ein Monster. Trauerfeiern zählen aber zu den wichtige Rituale, die Verluste erträglicher machen. Das weiß fast jeder, der mal einen nahen Menschen verloren hat. Ein öffentliches Grab für Dylan ist natürlich auch undenkbar – zu groß die Gefahr von Vandalismus oder unwillkommener Verehrung. Die Anwälte raten Sue davon ab, zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen. Begründung: deren Mitglieder könnten als Zeugen vorgeladen werden. Therapeuten sind mit ihrem Fall und seinen Dimensionen völlig überfordert. Einer sagt ihr offen, er sei von der brutalen tat derart geschockt, er sehe sich außerstande, ihr helfend beizustehen.

Sue schreibt an alle Opferfamilien Briefe, kondoliert, ohne jedoch zu diesem Zeitpunkt genau zu wissen, was eigentlich passiert ist. Die Eltern sind überrollt von den Ausmaßen der Öffentlichkeit und geben nur ein kurzes öffentliches Statement ab. Auch das auf Rat der Anwälte, denn gegen die Klebolds (und Harisses) laufen unzählige Klagen an. In allen Medien spekuliert man über die unfähigen Eltern, die solchen Hass und solche Taten nicht bemerkt haben wollen.

Vielleicht, weil wir so glauben können, uns könne das nie passieren. Und viele Menschen glauben, wenn man nur ein paar Faktoren (Waffen, Musik, Videospiele) eliminiert, wird so etwas nie wieder geschehen. Lest dieses Buch, es ist lesenswert. Auch oder gerade, weil es keine einfachen Antworten liefert.

Das Buch enthält eine lange Liste an Quellen und Verweisen. Alle Einnahmen gehen übrigens an Organisationen, die sich mit psychischer Gesundheit und deren Erforschung befassen.

Sue Klebold: A Mother’s Reckoning – Life in the aftermath of the Columbine tragedy ( erschienen bei Penguin Random House, UK)

Die Zitate aus dem Buch sind von mir übersetzt, das Buch gibt es derzeit nur in englisch.

Mehr Info zum Thema

Es gibt in Deutschland seit 2013 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt namens TARGET, dass Amokläufe und School Shootings untersucht.

„Zwar kommen derartige Taten in unseren Schulen insgesamt sehr, sehr selten vor, aber dennoch liegen wir in Deutschland gleich nach den USA auf Platz zwei“

Prof. Herbert Scheithauer (FU Berlin) in der Mitteldeutschen Zeitung.

Das wir direkt nach den USA liegen sollen finde ich insofern erstaunlich, als das hierzulande im Zusammenhang mit Gewalttaten von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen (Erfurt 2002, Emsdetten 2006, Winnenden 2011) fast obsessiv Videospiele und Waffenbesitz thematisiert wurden.  Deutschland hat aber nicht nur eines der strengsten Jugendschutzgesetze, sondern im Vergleich zu den USA auch ein sehr stark reglementiertes System für Waffenbesitz. Reden auch wir nicht über die richtigen Themen, stellen nicht die richtigen Fragen, so wie es auch Sue Klebold moniert? In diesem Zusammenhang klingt das TARGET-Projekt jedenfalls sehr sinnvoll.

Der Begriff School Shooting wurde hierzulande von Forschern so übernommen. Denn auch wenn Gewalttaten wie Amokläufe oder terroristische Anschläge Gemeinsamkeiten besitzen, gibt es eben auch wichtige Unterschiede. Man spricht da von hoch expressiven Gewalttaten und genauer erklärt wird das auf den TARGET-Webseiten hier.

Es gibt zudem NETWASS: Networks against School Shootings. Es soll Prävention leisten und pädagogisches Personal in die Lage versetzen, Krisensituationen bei Kindern und Jugendlichen zu identifizieren. Exakt das ist nämlich bei fast allen jugendlichen Tätern nicht der Fall gewesen. Hier kann man noch mehr zu den Hintergründen von NETWASS nachlesen.

Im Feuersturm des Hasses
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Ein Kommentar zu „Im Feuersturm des Hasses

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